1928: Frauen marschieren durch Bern, in ihrer Mitte eine überdimensional grosse Schnecke. Sie setzen ein Zeichen: Mit den Rechten für Frauen geht es langsam, zu langsam, vorwärts.
Ein übergrosses Foto dieses Frauen-Umzugs sticht in der Ausstellung «50 Jahre Frauenstimmrecht» im Historischen Museum Luzern besonders ins Auge.
Das Museum hat eine vielschichtige, interaktive Ausstellung zusammengestellt. Gezeigt wird 100 Jahre Frauengeschichte: von den 1920er-Jahren bis heute.
Ein Höhepunkt: Der durschschlagende Erfolg für die Gleichberechtigung der Frauen im Kanton Luzern im Oktober 1970.
Den Anfang machten bürgerliche Frauen
«Die Gründung des Vereins für Frauenbestrebungen in Luzern hat die Entwicklung gestartet. Es waren vor allem bürgerliche Frauen, die sagten: ‹Wir wollen jetzt endlich das Frauenstimmrecht.› Sie haben mitgeholfen, für eine Petition Stimmen zu sammeln», erklärt Sibylle Gerber, Kuratorin der Ausstellung.
Knapp 250'000 Unterschriften kamen 1929 schweizweit zusammen. Die Petition aber verschwand in einer Schublade.
Trennung der Aufgaben von Frau und Mann
Nicht nur Männer, auch Frauen wehrten sich gegen das Stimmrecht, wie zum Beispiel die Luzernerin Ida Monn.
Sie sagte damals: «Das ‹Gstürm› um das Frauenstimmrecht erhöht unsere Chancen, dass der Souverän es wieder ablehnt. Wir fänden es aber schade, wenn es wegen dieser überstürzten Vorlage nicht möglich wäre, unsere Erfahrungen mit der Gleichberechtigung, welche sich ja absolut zum Nachteil der Frauen ausgewirkt haben, in die öffentliche Diskussion einzubringen.»
Ein Argument der Gegnerinnen also: die Gleichberechtigung als Nachteil für Frauen. Solche Argumente gab es damals viele, so Kuratorin Sibylle Gerber und liest aus einem Inserat aus dem Bund der Luzernerinnen gegen das Frauenstimmrecht vor: «Wollt ihr, dass eure Frauen und Töchter, eure Mütter und Schwestern in die oft rüden politischen Händel hineingezogen werden?». Es wurde also versucht, die Politik als Drecksgeschäft darzustellen, erklärt Gerber.
Mit Blumen für das Frauenstimmrecht
Der Sinneswandel kam trotzdem. Vor allem die Männer der konservativen Volkspartei legten sich für das Frauenstimmrecht ins Zeug.
Es war eine sanfte Kampagne mit Blumenmotiven auf Plakaten, Zündhölzern und Autoaufklebern. Luzern war am 25. Oktober 1970 der achte Kanton der Schweiz und der dritte in der Deutschschweiz, der den Frauen eine politische Mitsprache einräumte.
Der Kanton Luzern war also nicht Pionier in Sachen Gleichberechtigung. Trotzdem hatte Luzern einen Einfluss auf die eidgenössische Abstimmung.
«Es war sicher ein deutliches Signal für die nationale Abstimmung, dass Luzern, ein sonst eher konservativer Kanton, Ja sagte. Luzerns Kampagnenführung wurde auf nationaler Ebene imitiert: Man hat dieses Blumige aufgenommen und hatte auch Erfolg», so die Kuratorin.
Wo ist Gleichberechtigung heute?
Im Juni 1971 zogen die ersten acht Frauen ins Luzerner Kantonsparlament ein. Im selben Jahr hatte Luzern die erste Nationalrätin.
Der Boden für die Frauen in der Politik war gelegt. Das Thema Gleichberechtigung, auch das zeigt die Ausstellung, beschäftigt bis heute. Der letzte Frauenstreik ist ein Jahr her.
Luzern feiert diese Woche 50 Jahre Frauenstimmrecht. Da wirkt es fast absurd, dass der Kanton Luzern seit fünf Jahren eine reine Männerregierung hat.
Das Thema der Ausstellung bleibt aktuell.