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Friedensarbeit in Vietnam George Mizo – der Vietnamkämpfer, der zum Friedensaktivist wurde

Mit 17 trat George Mizo begeistert in die Armee ein, um in Vietnam zu kämpfen. Der Krieg wurde zum Trauma und Mizo ein Kämpfer für den Frieden und die Opfer des Krieges.

«Frag nicht, was dein Land für dich tun kann, frag was du für dein Land tun kannst.» – Der Satz bleibt hängen, wirkt geradezu magisch auf den jungen George Mizo. John F. Kennedy spricht die legendären Worte 1961 bei seiner Amtseinführung als Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika.

George und Millionen andere US-Bürger glauben den damit verbundenen Botschaften des Weissen Hauses. Etwa dass man den Menschen im westlich geprägten Südvietnam beistehen müsse gegen kommunistische Angriffe aus dem Norden. Später erinnert sich George Mizo daran, wie führende Politiker suggerierten: Wenn die USA nicht einschreiten, werden die Kommunisten übermorgen vor der Haustür stehen.

George Mizo, beeinflusst vom charismatischen J.F. Kennedy, tritt 1963 freiwillig in die US-Armee ein. Es braucht dazu die Unterschrift der Eltern, weil er erst 17 ist.

Der Vietnamkrieg

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Bereits seit den 1950er Jahren führen die USA in Vietnam einen verdeckten Krieg. 1964 eskaliert er mit einer Lüge. Washington behauptet, Nordvietnam hätte im Golf von Tonkin ein amerikanisches Kriegsschiff angegriffen. Eine Lüge, wie sich später herausstellte.

Ein langer Krieg beginnt, der erst 1975 mit mehr als zwei Millionen Toten endet, mit der Niederlage der USA und ein Jahr später mit der Wiedervereinigung von Süd- und Nordvietnam.

Je nach Standpunkt wurde im südostasiatischen Land der sogenannte freie Westen gegen den verteufelten Kommunismus verteidigt oder eine ausländische Aggression bekämpft.

«Ich konnte es nicht mit meinem Gewissen vereinbaren, meinem Land in Kriegszeiten nicht zu dienen», erzählt George Mizo später in einem Interview. «Ich wollte mitten ins Kriegsgebiet. Ich wollte unbedingt kämpfen.»

Mizo wird Sergeant, befehligt in der schweren mobilen Artillerie an vorderster Kriegsfront eine Gruppe von Kämpfern und wird nach einem Jahr zum dritten Mal verletzt. Diesmal so schwer, dass seine Rückführung in die USA nötig wird. Zu Hause erfährt er, dass alle seine Kameraden bei einem Raketenangriff starben. Ein Schock, der sein Leben verändert.

Schwarz-Weiss-Foto von einem Mann mit einer Flagge in der Hand
Legende: George Mizo während seines 47 Tage dauernden Hungerstreiks im September 1986 auf den Stufen des Kapitols in Washington D.C. Archiv George-Mizo-Stiftung

Ein Dorf der Freundschaft soll Wunden heilen

George Mizo wird zum Friedensaktivisten, der auf den Treppen des Kapitols in Washington gegen den Vietnamkrieg protestiert. Er reist auch nach Deutschland. Dort lernt er auf einem Friedensmarsch seine spätere Frau Rosemarie Höhn kennen, die sich gegen die Stationierung amerikanischer Atomwaffen in Süddeutschland engagiert.

Zusammen mit seiner Frau baut er in Vietnam das « Dorf der Freundschaft » auf. 1993 erfolgt der erste Spatenstich. Bis heute sind in dem Dorf nahe Hanoi 600 meist Agent-Orange-geschädigte Kinder und 7000 vietnamesische Kriegsveteranen behandelt worden. Das Besondere am Dorf mit seinen heute dreizehn Häusern: Es entstand mit Hilfe ehemaliger Kriegsgegner, ausgerechnet unter der Leitung jenes Generals, der damals den Befehl zum Angriff auf George Mizos Truppe gab, bei dem alle Männer starben.

Blick auf eine Quartierstrasse mit einzelnen Menschen in Hanoi
Legende: Das Dorf der Freundschaft in der Nähe von Hanoi ist das Lebenswerk von George und Rosemarie Mizo. Hier werden Kinder und Erwachsene aufgenommen, die an den Spätfolgen des Kriegs leiden. Kurzawa-Do.

Bei der Einweihung des Dorfes 1998 sagt George Mizo: «Die Wurzeln liegen im Wunsch von Veteranen aus Frankreich, Grossbritannien, den USA und Vietnam, dass wir gewaltfreie Mittel zur Lösung von Konflikten finden müssen. Wir wollen, dass das Freundschaftsdorf ein Beispiel dafür ist, wie Menschen aus verschiedenen Ländern, verschiedenen Kulturen, ja selbst ehemalige Feinde ihre Unterschiede beiseitelegen können, um gemeinsam etwas zu schaffen, das Hoffnung gibt und Versöhnung – und heilt.»

Agent Orange – tödlich für Feind und Freund

Das Friedensdorf mag viele Wunden heilen, nicht aber die angegriffene Gesundheit von George Mizo. Er leidet an den Folgen von Agent Orange. Kaum im Amt gab Präsident Kennedy vor sechzig Jahren grünes Licht, in Vietnam das hochgiftige Entlaubungsmittel einzusetzen. Mit Agent Orange und ähnlichen Herbiziden vernichteten die USA und ihre Alliierten Wälder, um dem Feind die Deckung zu rauben und sie zerstörten Reisfelder.

Schwarz-weiss Bild eines Helikopters, der Gift über Regenwald versprüht
Legende: Im Vietnamkrieg brachten die USA und ihre Alliierten das dioxinhaltige Pflanzengift Agent Orange aus, um dem Feind die Deckung zu rauben. Agent Orange und andere Herbizide zerstörten zudem Reisfelder und damit Nahrungsgrundlagen der Menschen. Wiki commons

Agent Orange

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Agent Orange enthält das giftigste aller etwa 420 Dioxine. Es ist eines der verheerendsten Gifte, das je vom Menschen hervorgebracht wurde. Sein Genauer Name: 2,3,7,8-Tetrachlordibenzo-p-Dioxin, abgekürzt TCDD und wurde auch als «Seveso-Gift» berüchtigt.

Die Zahlen 2,3,7,8 sind eine Art «chemischer Steckbrief» und erklären die Lage der Chloratome im Molekül. TCDD kann das das menschliche Erbgut über Generationen schädigen.

Das vietnamesische Rote Kreuz schätzt, dass im Land etwa eine Million Menschen leben, die wegen dieser Chemiewaffe krank oder behindert sind. Darunter 150’000 Kinder, die seit Kriegsende 1975 behindert geboren worden sind.

Die Spätfolgen fordern noch immer Opfer, noch immer werden in Familien mit «Agent-Orange-Vergangenheit» Kinder mit Missbildungen geboren. Über wie viele Generationen das Gift noch Unheil anrichten wird, weiss man nicht.

George Mizo berichtet später, man habe ihm gesagt, es sei harmloser Moskitospray. Doch das Gift zerstörte sein Immunsystem und er litt deshalb an unzähligen Krankheiten.

Mike Mizo, der 1988 geborene Sohn von George und Rosemarie erinnert sich an eine Kindheit, in der Krankheit, Spital und das Leiden des Vaters ständig präsent waren: Es sei nicht einfach gewesen, damit zurechtzukommen. «Das prägt einen schon irgendwie», sagt Mike.

Vater, Mutter und Sohn haben sich die Arme um die Schulter gelegt. Sie stehen an einem Flussufer.
Legende: Das letzte gemeinsame Familienbild vor seinem Tod: George Mizo, Rosemarie Höhn-Mizo und Sohn Mike. Archiv George Mizo

Der Tod sei bereits früh stets im Hintergrund gewesen. Sein Vater habe auch nie ein Geheimnis daraus gemacht. «Ich erinnere mich an jenen Moment als er mir in der Stube sagte: Ich werde bald sterben. Ich bin krank. Und da war ich elf, zwölf.» Seinen Vater hat Mike als «sehr stillen Mann» in Erinnerung. «Er lebte sehr zurückgezogen – doch trotzdem war er sehr präsent. Wenn ich an ihn denke, sehe ich ihn irgendwo ganz hinten im Wohnzimmer sitzen. Trotzdem hat er den Raum ausgefüllt.»

George Mizo stirbt am 18. März 2002 im Alter von nur 56 Jahren. Sein Dorf der Freundschaft existiert bis heute. Seine Frau Rosemarie Höhn-Mizo führt als Vorsitzende des deutschen Unterstützungsvereins das Lebenswerk ihres Mannes weiter.

Radio SRF 2 Kultur, Passage, 25.6.2021, 20:00 Uhr

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