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Gesellschaft & Religion Friedensstifter im Unruhestand: Hans Küng wird 85

Er ist einer der bekanntesten Schweizer der Welt, seine Bücher verkaufen sich in Millionenauflage, seine Kommentare sind in der «New York Times» genauso gefragt wie im «Blick»: Hans Küng errang als Theologe und Tübinger Professor hohes Ansehen. Am 19. März wird der gebürtige Surseer 85 Jahre alt.

Weltweit bekannt wurde Hans Küng als Kirchenkritiker und Gegenspieler des Papstes – eine Titulierung freilich, die er gar nicht so sehr schätzt. Denn: «Das ist doch kein Beruf». Hans Küng wird kurz unwirsch, wenn man ihn auf diese Charakterisierungen anspricht.

Auf Titel wie Rebell, Kirchenkritiker, Gegenspieler des Papstes wollte und will sich Hans Küng nicht reduzieren lassen. Seit er 1960 Professor an der Theologischen Fakultät in Tübingen wurde, lebte er für die theologische Forschung und diese erst war es, die ihn in den Konflikt mit Rom brachte.

Folgenschwerer Konflikt mit dem Vatikan

In grundsätzlichen Fragen der Theologie, in der Frauenfrage oder in der Frage nach der Unfehlbarkeit des Papstes kam Hans Küng zu deutlich anderen Antworten als  Papst Johannes Paul II. und der damalige Chef der Glaubenskongregation, Josef Ratzinger. Dies führte 1979 zum Entzug von Küngs Lehrerlaubnis und erschütterte die Weltkirche in ihren Grundfesten. Die Auseinandersetzung hinterliess bei Küng zwar Narben, konnte seinem Stolz und Selbstbewusstsein aber nichts anhaben. Wenn es unter Katholiken Volksabstimmungen gäbe, sagt der temperamentvolle Schweizer gerne, dann würde er sie in vielen Grundsatzfragen klar gewinnen.

Glauben glaubwürdig vermitteln

Hans Küng blickt in Anzug und Krawatte freundlich in die Kamera.
Legende: Im Unruhestand: Hans Küng feiert am 19. März 2013 seinen 85. Geburtstag. Keystone

Vor allem seine Bücher, die eine Millionenauflage erreichten und in mehr als 30 Sprachen übersetzt wurden, liessen Hans Küng zu einem der bekanntesten Theologen der Welt werden. In ihnen paart sich die Weltoffenheit des Surseers mit universaler Neugier. Küng zog in seine theologische Forschung verwandte Wissensgebiete wie die Philosophie und die Geschichte mit ein, aber auch die Politik, die Wirtschaft, die Literatur und die Musik.

Vor allem mit seinem Weltbestseller «Christ sein» aus dem Jahre 1974 nahm der Tübinger Professor Abschied vom Insiderjargon der Theologie und plädierte für eine glaubwürdige Glaubensvermittlung.

Daraus ergab sich in Küngs Biographie ein zunehmendes Interesse für die grossen Religionen der Welt. Und er entwickelte einen Satz, der längst zum weltpolitischen Allgemeingut wurde: Kein Friede auf der Welt ohne Frieden unter den Religionen.

Viel Weisheit, kaum Geduld

Im Rahmen seines Projektes «Weltethos», dessen Leitung der 85jährige im April abgibt, entstanden in den letzten zwei Jahrzehnten bedeutende Forschungsprojekte über Judentum, Christentum und Islam. In den Weltreligionen entdeckte Küng einen erstaunlichen Konsens in Fragen von Gerechtigkeit, Respekt vor dem Leben und Humanität. Fazit dieser Studien ist, dass Religionen keine Brutstätten des Fundamentalismus sondern moralische Weltagenturen sind. Eine Erkenntnis in Richtung Weltpolitik, die freilich andere umsetzen müssen. Küng war und bleibt der Professor, der Vorschläge macht an die Kirche, die Gesellschaft, an die Politik.

Dass aber die Politiker mehr aus seiner wissenschaftlichen Erforschung machen, das wird Hans Küng auch mit 85 noch vehement einfordern. Denn weise mag er im hohen Alter geworden sein, aber eines ist er nicht: ein geduldbegabter Mensch.

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