Es rauscht, gurgelt und manchmal knistert die Kiesel über den Flussgrund. Das Herz der Ausstellung «Swim City» ist eine raumfüllende Filminstallation von Jürg Egli, der mit einem Floss auf vier Schweizer Flüssen unterwegs war – mit Ober- und Unterwasserkameras.
Mal treibt man in der Aare mit, dann taucht man in der Rhone auf, schwimmt unter Wasser durch die Limmat oder im Rhein mitten durch Basel, mit Blick aufs Münster.
«Nirgends hat man einen derart zentralen Blick auf die Stadt, wie aus der Mitte des Flusses», sagt Andreas Ruby. «Das schafft eine überwältigende Erfahrung der Stadt.»
Ruby ist Leiter des Schweizerischen Architekturmuseums und will mit dieser Ausstellung zeigen, dass Flussschwimmen in Städten eine andere Kultur des öffentlichen Raums erzeugt.
Toxische Flüsse
Schnell ins Wasser hüpfen, wenn die Sonne auf den Beton brennt – welch ein Luxus diese kostenlose Abkühlung ist, zeigt sich am Staunen von Touristen über die Scharen von Menschen, die mitten in der Stadt in Badehosen am Fluss entlang flanieren. Dabei wurde früher vielerorts öffentlich gebadet.
«Bis in die 30er-Jahre war in Europa urbanes Flussschwimmen ein normaler Bestandteil des Stadtlebens», sagt Ruby. «Später hatte die Industrialisierung und das Bevölkerungswachstum zur Folge, dass die Flüsse immer stärker toxisch belastet worden sind.»
Flussschwimmen: ein Tabu
Dies führte schliesslich dazu, dass viele europäische Flussschwimmbäder geschlossen wurden. «In der Nachfolge hat sich die industrielle Nutzung der Gewässer intensiviert», erklärt Ruby. «Flussschwimmen war damit für lange Zeit tabu.»
Es brauchte den öffentlichen Druck auf die Politik, besonders nach der Chemiekatastrophe in Schweizerhalle, bis die Wasserqualität stieg und das Flussschwimmen ein Massenphänomen wurde.
«Pool is cool»
Heute hat die Schweiz weltweit eine Vorreiterrolle. «Viele der internationalen Flussschwimm-Projekte, die wir in dieser Ausstellung zeigen, berufen sich auf die Schweiz als Präzedenzfall im Gespräch mit ihren eigenen Behörden», sagt Ruby. «Woanders ein Flussschwimmbad zu machen, ist schwieriger, weil vielerorts gesetzliche Hindernisse existieren.»
In Deutschland zum Beispiel ist es verboten, in Flüssen zu schwimmen, die für die Schifffahrt genutzt werden. Deshalb berufen sich die Initianten des Flussbads Berlin, die einen Abschnitt der Spree schwimmbar machen wollen, auf Basel: Dort sind zwei Drittel des Rheins für die Schifffahrt und ein Drittel für Schwimmer reserviert.
Die Ausstellung dokumentiert solche Projekte im Ausland. In ganz Brüssel etwa gibt es kein einziges öffentliches Freibad. Dagegen protestiert die Initiative «Pool is cool», die einen Verkehrskreisel temporär in ein Schwimmbad verwandelte.
In Paris hat die Bürgermeisterin versprochen, dass die Seine bis 2024 sauber genug zum Schwimmen sein wird. In New York soll das Flussschwimmen mithilfe eines Filtersystems zumindest in einem bestimmten Bereich möglich werden.
An Ideen mangelt es nicht. Doch sie scheitern oft an unklaren Zuständigkeiten und fehlender Sensibilität.
Paradiesische Zustände
«In vielen Ländern ist das Bewusstsein nicht so ausgeprägt, dass Flüsse ein Teil der gelebten Stadt sind», sagt Ruby. «Es herrscht das Bewusstsein vor, dass Flüsse eine Art Nutzraum sind – für Transport, für Abwasserklärung.»
Die Ausstellung im Schweizerischen Architekturmuseum will als Anregung für Besucher aus aller Welt dienen, wie das urbane Flussbaden die Lebensqualität verbessern kann.
Allen, für die das längst zum Alltag gehört, führt sie vor Augen, in welch paradiesischen Zuständen wir leben.