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Fussball-Enzyklopädie Das Vermächtnis eines Fussballverrückten

Viele Farben, alle Fakten: René Köbers «Grosses Vereinslexikon des Weltfussballs» ist ein verlegerisches Kuriosum.

Gut Ding will Weile haben, dachte sich Rene Köber und blieb 25 Jahre buchstäblich am Ball. Der passionierte Fussballfan aus dem sächsischen Leipzig wollte es genau wissen: Er nahm sich vor, sämtliche Fussball-Erstligisten seit 1885 mit ihren Kerndaten Gründung, Stadion, Titel, Mannschaftsgrösse und Wappen lückenlos zu erfassen.

Das gab es noch nicht und schon gar nicht für den gesamten Globus: 15’000 Vereine aus 228 Ländern und Verbänden versammelt das dreiteilige Werk, auch Nepal, Liechtenstein und Neu-Guinea dürfen da nicht fehlen.

Sein gewaltiges Unterfangen konnte Köber erst nach der deutschen Wiedervereinigung mit Hochdruck verfolgen.

Buchhinweis

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René Köber: Das grosse Vereinslexikon des Weltfussballs. Alle Erstligisten weltweit von 1885 bis heute. Die Werkstatt, 2019.

Skurriler Weltfussball

«Es ist vollbracht und das ist auch gut so», sagt René Köber. Der fast 60-jährige Elektrotechniker präsentiert sein fussballerisches Lebenswerk mit einem Hauch von Erleichterung. Wie fing nun alles an?

«Mein erstes Wort, was ich geschrieben habe war Aachen», sagt Köber. Eigentlich logisch, weil das ist ein Verein, der mit zwei A anfängt: Alemannia Aachen. Bis nach Zypern war es noch ein weiter Weg.

Köber entdeckte Clubs, deren Existenz an sich schon skurril ist. Vom Himalayan Sherpa Club oder dem Nepal Army Club hat man noch nicht gehört. Es gibt sie aber immer noch, und sie spielen vor 17’000 Fans.

Von Leipzig in die Welt

Im Hauptberuf ist der bescheidene Sport-Enzyklopädist Elektrotechniker und seit Kindesbeinen an Feuer und Flamme für den Fussball. Als Lokalpatriot schlug sein Herz für den Verein Lokomotive Leipzig.

Heute ist er gemässigter Fan des Erstligisten Rasenballsport Leipzig. Eine verwickelte Fan-Geschichte, die dem Nicht-Leipziger schwer zu vermitteln ist, merkt Köber mit einem verschmitzten Lächeln an.

Diego Armando Maradona in einem roten Napoli-Shirt mit der Aufschrift Mars.
Legende: Das Idol des Enzyklopädisten: Diego Armando Maradona – hier in einem Spiel in der Schweiz. KEYSTONE/Str

Maradona und der Kugelschreiber

Zu DDR-Zeiten war René Köbers Fussballleidenschaft durchaus grenzübergreifend. Englische Vereine und französische Ligen zogen ihn ebenso in den Bann wie der heimische Fussball.

In der Messestadt Leipzig liessen sich leichter Fan-Kontakte knüpfen und so landeten immer wieder Wimpel, Embleme in seinem Briefkasten. 1988 spielte der SSC Neapel in Leipzig gegen Lokomotive Leipzig. Es war Europapokalzeit und eine gute Gelegenheit, ein Autogramm zu ergattern. So traf er sein Idol.

«Im Kabinengang habe ich Diego Maradona getroffen, der hat mir zwei Autogramme gegeben. Beim zweiten Autogramm ist mir dann noch der Kugelschreiber runtergefallen und im Weggehen ist Maradona darauf getreten. Den Kugelschreiber habe ich mir dann sogar gerahmt. Er hing dann einige Jahre bei mir am Arbeitsplatz.»

Kuriose Wappen

In seinen freien Tagen sass der emsige Fan am Schreibtisch und fischte aus allen nur erdenklichen Quellen Daten und Vereinsembleme.

Spontan fällt Köber ein südamerikanischer Club ein, der im Vereinswappen einen berühmten Piraten zeigte: Jack Sparrow alias Johnny Depp: Jener berühmte Charakter aus dem Film «Fluch der Karibik».

Der peruanische Erstligist Pirata Fútbol Club hat sogar den Disney-Konzern, um Erlaubnis gefragt, den Helden aus «Fluch der Karibik» als Vereinsmaskottchen verwenden zu dürfen. Bis heute gab es keine Antwort und daher ziert einstweilen ein unverfänglicher Fantasie-Pirat das Wappen des Vereins.

Solche und andere Anekdoten würden ein weiteres Lexikon füllen, resümiert Köber und ist froh, dass er das nicht auch noch aufschreiben muss.

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