Steingärten, Duftgärten oder Bauerngärten: In Ratgeberbüchern findet man Anregungen für zahlreiche Varianten der Gartengestaltung. Von philosophischen Gärten indes ist in solchen Handbüchern selten die Rede. Dabei geht es bei Gartengestaltung um mehr, als um das Arrangieren von Blumen und Kräutern.
Gärten als Projektionsfläche
Gärten geben Auskunft darüber, wie Menschen zu bestimmten Zeiten und in bestimmten Regionen die Welt sehen und wie sie sie gern hätten. Die Ausstellung «Gärten der Welt» im Museum Rietberg in Zürich, eingerichtet von Museumsdirektor Albert Lutz und Hans von Trotha, zeigt das auf eindrucksvolle Weise. Gemälde und Tapisserien, Gartenpläne und -bücher illustrieren, wie eng das Denken und das Gärtnern miteinander verwachsen sind.
Am Anfang steht das Paradies in Form eines wunderschönen Renaissance-Teppichs aus Belgien. Davor steht, als sei sie eben erst aus diesem Paradies vertrieben worden, die Eva von Rodin, sich windend vor Scham.
Zu ihren Seiten hängen eine Urwaldfotografie von Thomas Struth und Aufnahmen unwirtlicher Erosionsfelder von Hans Danuser. Ein spannungsvoller Auftakt für einen Gartenspaziergang vom alten Ägypten bis ins 20. Jahrhundert, der zeigt: Gärten sind der Natur abgetrotzte Inszenierungen einer idealen Welt, nach der wir uns sehnen, von Urmutterzeiten an.
Die Liebe zur Geometrie
Im alten Orient wie auch im mittelalterlichen Europa entstehen über Jahrhunderte ummauerte Gärten, die buchstäblich ein Stück Himmel auf Erden repräsentieren. Mit der Renaissance rückt die Natur in den Blick, eine Natur wohlgemerkt, die vom Menschen gelenkt wird. Besonders deutlich zeigen sich die menschlichen Eingriffe in den Barockgärten mit ihren getrimmten Hecken und Bäumen.
Auch sie waren nicht ganz von dieser Welt, denn was heute als Ausdruck absolutistischer Herrschaft gewertet wird, sei aus einem philosophisch-mathematischen Ideal heraus entstanden, wie Co-Kurator Hans von Trotha erläutert. Dem rationalen Geist des Barock galt die Mathematik als höchste aller Künste.
Schönheit der Natur zur Geltung bringen
Die Natur in geometrische Formen zu bringen, wurde nicht als Dressurakt gesehen, sondern als Möglichkeit, das der Natur innewohnende Schönheitsideal zu wecken. Erst im Verlauf der Geschichte wurden barocke Gärten zu herrschaftlichen Repräsentationsmedien.
Ähnlich verhält es sich mit den englischen Landschaftsgärten, die aus einer künstlerisch-romantischen Bewegung entstanden. Berühmte Parkanlagen wie Stourhead oder Wörlitz orientierten sich an idealisierenden Landschaftsgemälden, die der Phantasie oft näher standen als natürlichen Landschaften.
Beiträge zum Thema
Die richtige Dosis Fremdes im Paradies
Ob die englischen Landschaftsgärten auch durch Begegnungen mit der asiatischen Kultur geprägt wurden, die seit langem landschaftliche Gärten kennt, ist umstritten. Die Ausstellung zeigt, dass es viele Parallelen in der Entwicklung östlicher und westlicher Gärten gibt, und dass der Traum vom Paradies als Garten universell ist.
Überall reichert man das Glücksgärtlein mit botanischen Fremdlingen an. In Europa pflanzt man asiatische Kamelien und Dahlien aus Lateinamerika. In China wurde in den Gärten des kaiserlichen Sommerpalastes im 18. Jahrhundert ein Rokoko-Garten nach europäischem Muster angelegt. Chinesisch überformt, versteht sich. Ein bisschen exotisch darf das Paradies schon sein, fremd fühlen möchte man sich darin aber nicht.
Sendung: Radio SRF 2 Kultur, Kultur aktuell, 17.5.2016, 17.10 Uhr.