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Gender und Mode – Schnittmenge und Unterschied
Aus Kontext vom 30.06.2019. Bild: Imago images/Pacific Press Agency
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Gender und Mode Wie Mode gestrickt ist, die alle anzieht

Queere Farben, neue Formen: Eine aufschlussreiche Ausstellung in Zürich zeigt, wie die Gender-Debatte die Mode erreicht.

Pink, Rot, Glitzer und Satin: Aus diesen Zutaten sind zwei Fräcke geschneidert. Statt Hosen gibts dazu rockartige Beinkleider.

Entworfen hat diese Kleidungsstücke die Modedesignerin Jacqueline Loekito aus Basel. «Loekito möchte Pink und Rosa für alle Geschlechter salonfähig machen», erklärt Lena Seefried, Kunstpädagogin und angehende Kuratorin.

Mann in pinker Seide, Frau in roter
Legende: Jacqueline Loekito, Twin Blazer aus der Kollektion «Papin Madness I», 2018 Jaume Illa Bonany

Es ist die erste Position in der Ausstellung «Unlabel» im Museum für Gestaltung in Zürich. Auch ein kurzer grobmaschiger Pullover – ebenfalls in Pink und Rosa – irritiert.

Sind diese Kleidungsstücke nun für eine Frau, für einen Mann? Die Ausstellung «Unlabel» will diese Frage aufbrechen. Kuratiert haben sie Studierende des Masters «Art Education Curatorial Studies» der Zürcher Hochschule der Künste.

Zwischen den Geschlechtern

«Wir leben in einer Zeit, in der viel über Herkunft, Geschlecht und Zugehörigkeit gesprochen wird», sagt Lena Seefried.

Diese Diskussion wollten die 23-jährige Lena Seefried und ihr Team – bestehend aus Mitstudierenden sowie der Studienleiterin Angeli Sachs – mit Mode abbilden. «Denn Kleidung dient nicht mehr nur als Schutz, sondern schafft Abgrenzung, Zugehörigkeit und Identität.»

Zwei junge Menschen räklen sich in transparenten Kleidern vor einer Pflanze.
Legende: UY Studio, Nude Mesh Dress aus der Kollektion «Nude Mesh», 2018. Idan Gilony

Beim Berliner Label «UY Studio» können die Schnitte und Farben weder eindeutig einem Mann noch einer Frau zugeordnet werden. Mehr noch: Nicht nur das Geschlecht soll bei dieser Mode unwichtig sein, sondern auch die Körperform. Alle Kleider sind lang und weit.

Der Rock für den Mann

Den eindeutig für den Mann geschneiderten Rock gibt es natürlich auch. Entworfen hat ihn die Zürcher Modedesignerin Sandra Kuratle. Die Designerin überschreitet damit konventionelle Genderzuschreibungen, indem sie ein vermeintlich weibliches Kleidungsstück vermännlicht.

Ein männliches Model geht mit einem langen Rock übe den Laufsteg.
Legende: Schon fast ein Klassiker: Der Rock für den Mann aus dem Hause AMOK. ZVG

Der Zürcher Stardesigner Julian Zigerli stellt den Körper gleich doppelt ins Zentrum. Fotografien nackter Männer zieren Stoffe, aus denen Zigerli Hemden, Jacken und anderes geschneidert hat.

Wie eine zweite Haut legen sich diese Stoffkörper nun um Männer-, Frauen- und jegliche anderen Körper.

Mann in dunler Nadelstreifenhose und buntem Hemd vor weissem Vorhang
Legende: Julian Zigerli, Pfeiffer Silk Shirt aus der Kollektion «Bold is My Favorite Color», 2018 Claude Gasser

Die Zuschreibung von Kleidung zu einem Geschlecht beginnt bereits im Kindesalter. Lena Seefried und ihr Kuratorinnenteam haben nach Alternativen zu Rosa für Mädchen und Blau für Jungs gesucht.

Fündig geworden sind sie beim Zürcher Label «Stadtlandkind». Da gibt es zum Beispiel ein pinkes Sweatshirt, auf dem Hotdogs tanzen. Es ist für Mädchen wie für Jungs.

Taschen mit Augen

Wie sehen mich andere? Wie will ich gesehen werden? Mode spielt mit solchen Fragen. Werden Gender-Grenzen aufgelöst, ist der Blick der anderen noch variantenreicher.

Drei Männer in bunten Kleidern mit Taschen
Legende: Rami Shalati, Variation I Präsentation aus der Kollektion «Virile», 2019. Agnes Lec-laire

Mit solchen Überlegungen beschäftigt sich der aus Syrien stammende Designer Rami Shalati. Er zeigt Taschen mit aufgenähten Augen. Sie schmücken zum Beispiel einen Overall, der eine Mischung aus Abendkleid und Hosenanzug ist.

Ausstellungshinweis

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Die Ausstellung «Unlabel - Mode jenseits von Kategorien»» ist im Toni-Areal in Zürich im Museum für Gestaltung noch bis am 29. September 2019 zu sehen.

Spätestens hier fällt auf: Viele geschlechtsspezifische Zuschreibungen zielen darauf ab, weiblich Konnotiertes Männern zugänglich zu machen.

«Unlabel» zeigt aber auch: Bei der ganzen Verunsicherung über Gender und Definition ist nur eine Tatsache sicher: Mode ist ein gutes Mittel, um sich als Individuum zu präsentieren. Mit all seinen Facetten. Dazu zählt auch das Geschlecht – und zwar welches auch immer.

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