Palästina zum Christentum zu bekehren, war bekanntlich das ursprüngliche Ziel des 1534 gegründeten Ordens der Jesuiten. Weil dieser Versuch scheiterte, suchte die «Gesellschaft Jesu» ein neues Wirkungsfeld – und fand es im Kampf gegen die Reformation. Sie versuchte überall da Fuss zu fassen, wo der Protestantismus sich noch nicht etabliert oder noch gar nicht Einzug gehalten hatte. Damit betraten die Jesuiten erstmals den Boden der heutigen Schweiz.
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Der erste Versuch dazu fand 1536 statt. Eine Gruppe von Jesuiten stattete Basel einen Besuch ab – sie war auf der Durchreise von Paris nach Jerusalem. Sie suchte dort das Gespräch mit der örtlichen Pfarrerschaft. Basel, die Stadt, in der noch kurz vorher der Humanist Erasmus von Rotterdam gewirkt hatte, war damals erst seit sieben Jahren protestantisch. Die Jesuiten konnten die Basler allerdings nicht zur Umkehr bewegen.
Jesuiten prägen die höhere Bildung
1574 gründeten die Jesuiten eine erste Niederlassung auf dem Gebiet der heutigen Schweiz, allerdings nicht auf reformiertem Gebiet, sondern in Luzern, wo bald auch ein Gymnasium entstand. 100 Jahre später kam noch eine eigene Kirche hinzu, die bis heute bestehende Jesuitenkirche. Nach und nach wurden weitere Niederlassungen mit Gymnasien gegründet, bald schon das Kollegium St. Michael in Freiburg, im Lauf der Jahre dann Einrichtungen in Pruntrut, Solothurn, Brig und Sitten. Bald dominierten die Jesuiten das mittlere und höhere Bildungswesen in den katholischen Orten – mit wichtigen Ausnahmen wie das Benediktiner-Stift in Einsiedeln und die Benediktinerabtei St. Gallen.
Hauptträger der Katholischen Reform
Mit ihrer dominierenden Tätigkeit im Schulwesen und in der Mission wurden die Jesuiten im 16. und 17. Jahrhundert die Hauptträger der katholischen Reform. Allerdings entwickelte sich gleichzeitig auf dem internationalen Parkett ein zunehmend schwieriges Problem: Die Jesuiten erlangten als Berater an vielen Fürstenhöfen auch politisch grossen Einfluss – was ihnen auch viele Feinde schuf. Zudem stellten sich die Jesuiten in vielen ihrer Missionsgebiete auf die Seite der einheimischen Bevölkerung und gegen die europäischen Kolonialherren. Beides zusammen führte 1773 dazu, dass Papst Clemens XIV. auf Druck der katholischen Grossmächte den Jesuitenorden kurzerhand aufhob.
Schon 1805 aber berief der Präfekt der damaligen Autonomen Republik Wallis eine kleine Ordensgemeinschaft nach Sitten, damit sie das dortige Gymnasium wieder übernähmen. Das war noch neun Jahre, bevor Papst Pius VII. die Gesellschaft Jesu erneut offiziell zuliess. Vom Wallis aus breiteten sich die Jesuiten schnell wieder in der Schweiz aus. Nach und nach entstanden die alten Niederlassungen neu. Vor allem Freiburg wurde zu einem weit ausstrahlenden Zentrum der katholisch-jesuitischen Restauration.
Jesuiten-Verbot in der Schweiz
Bald stellte sich aber heraus, dass die Jesuiten ein weiteres Mal auf der Verliererseite standen. Der Graben zwischen liberalen und konservativen Kantonen vertiefte sich zunehmend. Das Fass zum Überlaufen brachten Konflikte im Wallis und in Luzern. An beiden Orten gewannen die Konservativen vorübergehend Überhand gegen die Liberalen. Die Luzerner beriefen demonstrativ die Jesuiten wieder an ihre alten Lehranstalten. Das steigerte auf liberaler Seite den Hass gegen den Orden, der ihnen als Feind der Aufklärung und als Vasall des Papstes erschien.
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Als die Liberalen 1847 im letzten Bürgerkrieg auf Schweizer Boden – dem Sonderbundskrieg – obsiegten, packten sie die Gelegenheit und verboten in Artikel 51 der Bundesverfassung die Tätigkeit des Jesuitenordens in Kirche und Schule.
Es sollte 125 Jahre, bis 1973, dauern, ehe der Verfassungsartikel in einer Volksabstimmung aufgehoben wurde. Inzwischen existieren wieder jesuitische Gemeinschaften in Bad Schönbrunn (ZG), in Basel, Freiburg, Genf, Luzern und Zürich. Insgesamt zählen sie aber bloss rund 60 Mitglieder – weit entfernt von den Glanzzeiten im 18. Jahrhundert, als der Orden allein in der Schweiz rund 1200 Mitglieder zählte.