Ein fahler Seminarraum in einem riesigen Firmengebäude. Durch die Türe entfliehen schräge Klänge – hüpfende Einzeltöne oder mächtige, dissonante Akkorde. Das ist kein Konzert für die Mitarbeitenden, sondern eine Weiterbildung. Ein Workshop von Peter Dellbrügger, einem Unternehmensberater der etwas anderen Art.
Anstatt trocken am Flipchart komplexe Zusammenarbeitsprozesse zu erklären, sitzt Dellbrügger am Klavier. Mit Wagner, Schönberg oder Ligeti zeigt der Unternehmensberater, wie die Managerinnen und Manager Innovation generieren, oder sich in Zusammenarbeitsprozessen verhalten können. Und er regt in Managerinnen und Managern Denkprozesse an.
Scheitern mit Sofia Gubaidulina
Mit den schrägen Klängen der Neuen Musik will Peter Dellbrügger vor allem die eingefahrenen Hörgewohnheiten aufbrechen und damit auch die alten Denkmuster in den Köpfen der Workshop-Teilnehmer. Das Ziel lautet also: Offen sein für Neues.
Peter Dellbrügger aber spielt nicht nur Neue Musik vor und lässt sie im Raum stehen. Er bricht die Kompositionen auf und zeigt ganz detailliert, wie Komponisten und Komponistinnen vorgehen und was das fürs Denken eines Managers heisst.
Ein Thema dabei ist Scheitern. Welche Möglichkeiten gibt es, um mit Scheitern umzugehen? Dazu hilft ihm die «Toccata-Troncata» der russischen Komponistin Sofia Gubaidulina.
Peter Dellbrügger sitzt selber am Klavier und spielt die Toccata vor. Am Anfang des Stückes steht dreimal ein Motiv, das abrupt abbricht – ein dreimaliges Scheitern. Nach diesen drei Anläufen öffnet sich musikalisch eine ganz neue Welt – eine Kehrtwende. Peter Dellbrügger erklärt seinen Teilnehmern damit: Scheitern kann eine Bedingung für Innovationsfähigkeit sein.
Beim Improvisieren zeigt sich die Persönlichkeit
Der Unternehmensberater sitzt aber nicht nur am Klavier. Er lässt seine Seminarteilnehmer auch selber improvisieren, auf einfachen Instrumenten wie Triangel, Zimbel oder Klangbecken. Die Musik wird dann plötzlich zum Spiegel, sagt Peter Dellbrügger. «Wie jemand spielt, sagt viel über den Menschen aus. Wenn einer laut auf die Pauke haut und im Unternehmen auch sehr dominant ist, dann entlarvt ihn die Musik.»
Solche und andere Denkprozesse stösst Peter Dellbrügger mit seinen musikalischen Workshops an. Wenn der Spiegel hörbar wird, wenn Denkprozesse mittels Musik angestossen werden, dann ist das etwas anderes, als wenn sie nur erklärt werden. Die Eindrücke sind nachhaltiger, weil Musik tiefer greift.