Wussten Sie, dass heute weltweit 21 Millionen Menschen Zwangsarbeit leisten? Dass bloss vier Prozent vom Ladenpreis einer Banane bei den Arbeiterinnen ankommen, die die Früchte vom Baum holen? Dass kein einziges chinesisches Unternehmen in den 59 Länder, in denen sie wirtschaften, seine Finanzdaten veröffentlicht?
Eine Fundgrube an ausgewogenen Informationen
Diese Fakten stehen im Bilderbuch «Wirtschaft verstehen» Der Grafiker Jan Schwochow und der Journalist Thomas Ramge liefern damit eine Fundgrube an Informationen. Das anschauliche Werk ist ideologisch unvoreingenommen und ausgewogen.
Zum Thema Freihandel steht da etwa: «Je freier der Handel, desto besser für alle. Handelshemmnisse hemmen Wohlstand. So sehen es die Wirtschaftsliberalen. Globalisierungskritiker hingegen glauben: Freihandel schwächt lokale Produktion und zementiert weltweite Ausbeutung. Mit Daten gesichert ist: Der Handel wird fast überall freier. Und der Wohlstand auf der Welt wächst fast überall.»
Ausgewogen und unvoreingenommen sind Schwochow und Ramge auch, wenn sie die Grundgedanken wichtiger Wirtschaftstheoretiker darstellen.
Der neoliberale Milton Friedman steht im Buch gleichberechtigt neben Karl Marx, der Armutsbekämpfer Amartya Sen neben dem klassischen Nationalökonomen Adam Smith.
Grundbegriffe von Wirtschaft und Wohlstand
Das Buch behandelt Erwartbares: Grundbegriffe der Wirtschaft. Es erklärt das Bruttoinlandprodukt oder, was Aktiven und Passiven sind.
Es stellt Organisationsmodelle von Unternehmen vor, verbildlicht die Produktionskette der Auto-Industrie und die Wertschöpfungskette in verschiedenen Branchen. Es behandelt die Erfolge der Marktwirtschaft, etwa die weltweite Entwicklung des BIP, die gestiegene Lebenserwartung und den grossen Wohlstand des Nordens und Westens.
Auch dunklen Seiten werden beleuchtet
Schwochow und Ramge thematisieren aber auch die Schattenseiten des Rennens um das Geld: illegale Geschäfte, moderne Sklaverei, den Kampf der Lebensmittelgiganten um das Wasser oder die Armut und den Ressourcenverbrauch.
Das Buch hat auch eine heitere Seite. Zum Beispiel, wenn die Autoren die Sprache der Werbung analysieren und die Häufigkeit von Wörtern wie «ich», «mehr» und «Zukunft» in Werbeslogans dokumentieren.
Ausgedeutscht und bunt bebildert
Auch Bürosprache wird ausgedeutscht. Sagt der Chef: «Sie wissen ja selbst, dass Sie ein wertvoller Mitarbeiter sind», meint er vermutlich: «Keine Ahnung, wofür ich den loben soll.» Sagt die Mitarbeiterin zum Chef: «Läuft!», denkt sie in Wirklichkeit wohl: «Was genau soll ich machen?»
«Wirtschaft verstehen» ist attraktiv aufgemacht, gut erklärt und senkt die Hemmschwelle, sich mit dem Oekonomie-Chinesisch der Medien zu beschäftigen.
Sendung: Radio SRF 2 Kultur, Kultur kompakt, 10. Oktober 2016, 12.10 Uhr.