Kaum im Amt hat der neue ägyptische Kulturminister Alaa Abdel-Aziz die Operndirektorin, den Direktor der staatlichen Museen und den Chef der Buchorganisation entlassen. Die Kulturszene Ägyptens steht Kopf: Sie befürchtet, dass die regierenden Muslimbrüder den Kulturbetrieb Ägyptens ihrer Weltsicht anpassen wollen.
Kulturzentren sollen Koranschulen weichen
Der ägyptische Autor Chalid al-Chamissi beobachtet das Ganze als Involvierter, aber auch als Journalist und Kommentator. «Die Proteste von Künstlerinnen und Künstlern dauern an, aber diese Proteste richten sich nicht primär gegen die Entlassung von Kulturbeamten», erklärt er gegenüber SRF 2 Kultur. Die Proteste würden sich generell gegen die Versuche der Regierung, die Kultur in Ägypten zu islamisieren, richten. So hat die Regierung davon gesprochen, die Kulturzentren in Koranschulen zu verwandeln.
Die Muslimbrüder seien gegen Kultur, weil Kultur gleichbedeutend sei mit einem kritischen Geist: «Kultur bedeutet, Fragen zu stellen. Und man habe kein Recht, Fragen zu stellen.» Man habe nur das Recht, die Gesetzte des Korans zu befolgen – und das zu 100 Prozent, erläutert Chalid al-Chamissi die Strategie der Regierung.
Szene fordert alternative Kulturstrategie
«Es gibt keine politische, soziale und ökonomische Entwicklung ohne Kultur. Ohne einen Ort, wo solche Themen diskutiert und besprochen werden», ist Chalid al-Chamissi indes überzeugt. Deshalb organisiert sich die Szene zurzeit, um gemeinsam eine alternative Kulturstrategie zu formulieren.
Dass die Regierung kulturfeindlich agiert, ist für ägyptische Künstlerinnen und Künstler eigentlich nichts Neues. Auch Mubarak hatte versucht, die Kultur zum Verschwinden zu bringen und etwa Kulturzentren in Computerschulen umgewandelt.
Kultur ist in Ägypten darum auch immer rebellisch, engagiert: «Man kann als Kulturschaffender nicht in einem Land in Krise leben, ohne sich gegen die Krise zu engagieren», resümiert Chalid al-Chamissi.