Die Glocke ist so manches: Zeitanzeiger, Warnsystem, Kommunikationsmittel, Zeichen weltlicher und geistlicher Macht – und Musikinstrument. Vielleicht eines der ältesten und bestimmt eines der grössten.
Schlag auf Schlag
Klar ist, welche Stationen in dieser Ausstellung am meisten Spass machen. Es sind jene, an denen man selber Glocken anschlagen kann. Die, an denen man mit dem Hammer und einer wirklich grossen Glocke selber Musik machen kann.
Oder man kann die Schwingungen tatsächlich mit den Händen greifen. Die grösste der ausgestellten Glocken klingt auch nach einem nur leichten Hammerschlag ganze 40 Sekunden nach.
Feiner Beruf, schweres Handwerk
Wie solche Glocken gegossen werden, ist im Kornhaus auch zu erfahren. Und zwar anhand der beeindruckenden Fotoreportage aus einer der letzten noch verbleibenden Glockengiessereien in der Schweiz: Rüetschi in Aarau.
Die Fotos machen ersichtlich, wie aufwändig und anspruchsvoll ein Glockenguss ist. Eine Episode aus der Firmengeschichte macht es noch deutlicher: Rüetschi hat vor ein paar Jahren die Giesserei modernisiert und einen computergesteuerten Ofen installiert. Doch das erwies sich als Fehler.
«Die mussten den alten Ofen wieder hervorholen – das hat einfach nicht geklappt. Man muss das Gefühl für die richtige Hitze haben, für die richtige Schwere. Das ist ein sehr feiner Beruf, mit schwerem Handwerk verbunden», sagt Sybille Ehrismann, die Ko-Kuratorin der Ausstellung.
Die Ausstellung konzentriert sich weitgehend auf den Bereich der grossen Kirchenglocken, die dazugehörige Technik und den Stellenwert, den das Thema heute noch hat. Sie ist eine eigentliche Hommage an die Kirchenglocke.
Sendungen zum Thema
«Rücksicht nehmen»
Allerdings wird das Thema Glockengeläut in den letzten Jahren durchaus kontrovers diskutiert: Lärmgegner beschweren sich da und dort über das nächtliche «Gebimmel», wie sie es nennen.
Auch dies wird zwar in der Ausstellung thematisiert, nimmt aber relativ wenig Platz ein. Die Ausstellungsmacherin Sybille Ehrismann hält wenig von der übertriebenen Kritik. Sie gibt aber zu: «Etwas weniger ist manchmal gar nicht so schlecht. Auf die Ruhezeit in der Nacht sollte man schon Rücksicht nehmen.»
Doch die Ausstellung im Kornhaus Bern lässt es klingen. Wer sich dem faszinierenden Klang der Glocken hingeben mag und sich für archaisches Handwerk und raffinierte Technik begeistern lassen will, zieht einen grossen Gewinn aus dem Besuch.
Sendung: Radio SRF 2 Kultur, Kultur aktuell, 1.11.2016, 06:50 Uhr