Kennengelernt haben sie sich 2007: Als mitreisender Reporter geht Christoph von Marschall mit dem Präsidentschaftsanwärter Barack Obama auf Wahlkampftournee. Er verfolgt seine Auftritte in Coffee-Shops und Mehrzweckhallen in der US-amerikanischen Provinz.
Nur ein Gesicht
Der USA-Korrespondent, der für den Berliner «Tagesspiegel» schreibt, skizziert den Kandidaten und späteren Präsidenten aus der Nähe. Er stellt fest, dass da ein Mann am Werk ist, der weniger floskelhaft redet als andere Politiker, der authentisch ist, keine Berührungsängste hat und im Kontakt mit der Bevölkerung den richtigen Ton trifft. Daran habe sich in den letzten Jahren nichts geändert, schreibt Christoph von Marschall in seinem Buch «Der neue Obama».
Verändert habe sich hingegen Obamas Bezug zum politischen Tagesgeschäft. Der Präsident habe erkannt, den republikanischen Widerstand unterschätzt und viele Bürgerinnen und Bürger in seiner ersten Amtszeit enttäuscht zu haben.
Einiges erreicht, zu viel versprochen
Christoph von Marschall zieht eine gemischte Zwischenbilanz. Auf seiner Positivliste steht, dass in den USA heute mehr Menschen krankenversichert sind als je zuvor. Und auch, dass der Präsident den Irakkrieg beendet hat.
Als Negativpunkt nennt der Autor die nach wie vor prekäre Lage der 12 Millionen illegalen Migranten in den USA. Obama sei es ausserdem nicht gelungen, die Konjunktur langfristig anzukurbeln. Die Energiewende lasse ebenso auf sich warten wie ein besserer Klimaschutz. Und auch der Frieden im Nahen Osten sei nicht näher gerückt.
Auf dem Boden der Realität
Christoph von Marschall hält als Fazit fest, dass die Schlagworte «Hope» und «Change» aus Obamas Wortschatz verschwunden sind – und dass der Präsident aber trotz des republikanischen Widerstands im Kongress einiges bewegt hat. In seiner zweiten Amtszeit werde er sich verstärkt als kühl kalkulierender Mechaniker der Macht betätigen, um die Reformen des Gesundheitswesens und der Finanzmärkte abzusichern und weitere Truppen aus Afghanistan abzuziehen.