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Berset mit erklärender Geste vor einer Schweizerfahne.
Legende: Bundesrat Alain Berset bei der Präsentation der Kulturbotschaft 2016 bis 2019. Keystone

Gesellschaft & Religion Die Kulturbotschaft erntet nicht nur Applaus

Zwischen 2016 und 2019 sollen knapp 900 Millionen Franken in die Kultur fliessen. So der Plan von Kulturminister Alain Berset. Im Vergleich zur vorangehenden Periode soll also viel mehr Geld gesprochen werden. Das freut nicht alle.

Im Bundesamt für Kultur (BAK) stapelt sich Post: 338 Stellungnahmen von Parteien, Kulturverbänden und Organisationen zum Entwurf der Kulturbotschaft 2016 bis 2019. Nach der Präsentation Ende Mai war der Entwurf nun bis zum 19. September in der Vernehmlassung. Jetzt werden die eingegangenen Stellungnahmen geprüft.

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Mit den 338 Stellungnahmen sind noch etwas mehr Antworten eingegangen als zur allerersten Kulturbotschaft 2012 bis 2015, stellt Daniel Zimmermann, Leiter der juristischen Abteilung im BAK, zufrieden fest. Das Interesse an Kulturpolitik hat also nicht nachgelassen, Kultur ist ein Polit-Geschäft wie jedes andere auch. Inhaltlich will sich Daniel Zimmermann nicht zu den Stellungnahmen äussern – doch zwischen den Zeilen lässt er durchblicken: die Kulturbotschaft erhält gute bis sehr gute Noten.

Ein deutliches Zeichen für die Kultur

Und tatsächlich: die 127-seitige Kulturbotschaft trägt unübersehbar Isabelle Chassots Handschrift. Die neue BAK-Direktorin und ihr Chef, der zuständige Bundesrat Alain Berset, haben im Sommer klargemacht, dass Kulturpolitik auch Gesellschaftspolitik sei. Gerade weil die Kultur für den sozialen Zusammenhalt wichtig sei, brauche sie mehr Geld. Chassot und Berset wollen jährlich 3,4 Prozent mehr als in der vorangehenden Periode, insgesamt 894 Millionen auf vier Jahre verteilt. Das entspricht einem Zuwachs von 112 Millionen Franken. In einer Zeit das alle vom Sparen reden, ist das ein deutliches Zeichen.

Heftiges Kopfschütteln löst die neue Kulturbotschaft allein bei der SVP aus. Sie sei «realitäts- und volksfern» und darum abzulehnen, findet die SVP in einer Stellungnahme und stört sich daran, dass «zur Rechtfertigung der Kulturförderung immer mehr sozial-, bildungs- und wirtschaftspolitische Argumente herhalten müssen».

Kulturpolitik nicht isoliert betrachten

Ganz anders sieht das Jean-Pierre Hoby, Präsident des Schweizer Kunstvereins. Die neue Kulturbotschaft sei clever aufgebaut mit den drei Handlungsachsen «Kulturelle Teilhabe», «Gesellschaftlicher Zusammenhalt» und «Kreation/Innovation».

Der Kritik der SVP hält er entgegen, dass man Kulturpolitik nicht isoliert betrachten dürfe: «Kulturpolitik ist eben auch Teil der Bildungspolitik. Nach der obligatorischen Schulzeit bietet gerade die Teilhabe an Kultur die Möglichkeit, sich weiterzubilden», sagt Jean-Pierre Hoby.

Ein Musikgesetz für die «musikalische Bildung»?

Auch der Schweizer Musikrat freut sich über die Kulturbotschaft. Indes: die Freude ist auch getrübt. Zwar sei das Programm «Jugend+Musik» (analog zum «Jugend+Sport»-Programm) lobenswert und die Versiebenfachung der bisher aufgewendeten Mittel gut, findet Stefano Kunz, Geschäftsführer des Schweizer Musikrates. Gleichzeitig stellt er die Frage, ob der Verfassungsartikel «musikalische Bildung» im Kulturfördergesetz richtig aufgehoben sei und nicht ein eigenes Gesetz à la Sportgesetz verdient habe. Der Artikel wurde vor zwei Jahren mit einem Ja-Stimmen-Anteil von 73 Prozent angenommen. «Uns stören zudem die Vorgaben zu den Tarifen für die Musikschulen und auch, dass die Begabtenförderung kaum erwähnt wird», sagt Kunz.

Wenig Geld fürs baukulturelle Erbe

Gemischte Gefühle hat auch Barbara Franzen, Geschäftsführerin der Konferenz der Schweizer Denkmalpflegerinnen und Denkmalpfleger: «Wir begrüssen, dass der Bund der Kultur einen grossen Stellenwert beimisst. Wir wundern uns aber darüber, dass die finanziellen Mittel des Bundes im Bereich Denkmalpflege und Heimatschutz seit 2004 gekürzt wurden. In der Kulturbotschaft 2016 bis 2019 wird ein jährlicher Bedarf von 100 Millionen festgehalten. Festgesetzt werden aber nur 26 Millionen».

Franzen weist darauf hin, dass die Baukultur in der Schweiz eine hohe Wertschätzung erfahre: an den Anlässen am europäischen Denkmaltag hätten 40'000 Besucher teilgenommen und laut einer Studie des Bundesamtes für Kultur sei für 95 Prozent der Schweizer Bevölkerung der Erhalt von Baudenkmälern für die Schweiz sehr wichtig.

Ob die Detailkritik ankommt? Bis spätesten Mitte Dezember haben wir die Antwort: bis dann wird der Bundesrat die Kulturbotschaft dem Parlament vorlegen.

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