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Holzschachteln mit Pralinen
Legende: Ganz im Süden Chiles, nahe der Antarktis, stellt eine Familie mit Schweizer Vorfahren Schokolade her. Michael Marek

Gesellschaft & Religion Die letzte Schweizer Confiserie vor der Antarktis

Pampa, Pinguine und der berühmte Perito-Moreno-Gletscher: Patagonien ist ein beliebtes Reiseziel. Der einsame Landstrich zwischen Chile und Argentinien gehört zu den imposantesten Naturgebieten der Erde. Weitere Markenzeichen sind Öl, Schafe und – Schweizer Schokolade!

Man kneift die Augen unwillkürlich zusammen. Es ist windig hier am 53. Breitengrad in Punta Arenas. Etwa 120 000 Einwohner leben in der grössten Stadt im chilenischen Südpatagonien. Wind, Eisstürme, Hagel, Sonne, Regen, blauer Himmel – die Jahreszeiten vermählen sich in Patagonien an einem einzigen Tag, sagt man.

1520 war der portugiesische Seefahrer Ferdinand Magellan bis zum Zipfel Südamerikas gesegelt und hatte bei Punta Arenas eine Passage zwischen Atlantik und Pazifik entdeckt. Doch es sollte bis 1848 dauern, bis hier eine richtige Stadt gegründet wurde. Damals galt Patagonien als ein riesiges Wunderland, eine terra incognita. Vor allem für Abenteurer und Auswanderer aus dem fernen Europa. Heute leben auf einer Fläche, die 25 mal so gross wie die Schweiz ist, etwa zwei Millionen Menschen. Die wenigen Städte wie Punta Arenas wirken wie Fremdkörper – Umgeben von der endlosen Pampa, dem Weideland der Schafe.

Schokolade, kurz vor der Antarktis

Der Reichtum Patagoniens ist bis heute das Öl und die Schafwolle geblieben – das schwarze und das weisse Gold. «Und Schokolade», ergänzt María Isabel Baeriswyl stolz. Hier, nur knapp 1400 Kilometer von der Antarktis entfernt, wird tatsächlich Schokolade produziert. «Alles in Handarbeit», erzählt die 51-Jährige, «und alles nach alten Familienrezepten.»

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Zusammen mit ihrer 84-jährigen Mutter hat sie eine kleine Fabrik im Zentrum von Punta Arenas aufgebaut, die in ganz Chile für ihr weisses, braunes und schwarzes Naschwerk bekannt ist. Bonbons werden hier hergestellt, alle Sorten von Schokolade, sogar Pralinen, Trüffel, Kuchen, karamellisierte Früchte und Konfitüre.

Schon auf der Strasse hat man den süsslichen Duft in der Nase. «Fábrica de Chocolates» steht in schwarzen und roten Lettern auf dem Schild über dem Eingang. Willkommen in der «Chocolatta Baeriswyl».

Erinnerungen an die Schweiz

Im Geschäft hängen an den Wänden die Schweizer Fahne und Gletscherfotos. Alpenlandschaft. Wehmütig erzählen die Bilder von den Schweizer Vorfahren, die Ende des 19. Jahrhunderts aus der Gegend um Fribourg nach Chile ausgewandert waren. Die Baeriswyls leben und arbeiten hier bereits in der vierten Generation. «Vielleicht wegen des Klimas, vielleicht weil wir so isoliert waren, hat die Familie zusammengehalten.»

Zwei Frauen in Arbeitskleidung in einer Schokoladenfabrik
Legende: María Isabel Baeriswyl (rechts) im Geschäft ihrer Schweizer Vorfahren in Südpatagonien. Michael Marek

Zunächst war alles nur ein Hobby – Süssigkeiten für Familie und Freunde. Doch aus der Passion wurde ein florierender Betrieb. Heute sind neun Personen mit der Herstellung der Schokolade beschäftigt, neun Personen mit dem Verkauf und dem Café.

Der Kakao kommt aus Brasilien, die Zutaten wie Zucker und Milch aus Chile. Alles wird per Lkw oder Flugzeug angeliefert, um dann als fertige Schokolade im Handgepäck der Touristen verstaut wieder um die Welt zu gehen.

Der Laden des Uhrmachers

María Isabel Baeriswyl ist begeisterte Hobbypianistin, spricht Spanisch und versteht noch immer ein paar Brocken Deutsch. Mit Hingabe antwortet sie auf jede Frage, stets freundlich und ein wenig aufgeregt, wenn sie von ihren Vorfahren berichtet.

Der Urgrossvater war Uhrmacher in der Schweiz, bevor er 1876 mit seiner Familie nach Punta Arenas ging, erzählt Frau Baeriswyl. Der Laden in der Hauptstrasse Bories besteht seit 1902: Mal war es ein Uhrenladen, dann eine Drogerie und seit 2000 ein Café mit angeschlossener Schokoladenfabrik. «Die Geschichte ist schon merkwürdig», ergänzt Mutter Elena Rada, «zuerst hat meine Tochter in der Drogerie gearbeitet und Parfüm verkauft. Stellen Sie sich vor: Aus einer Kosmetikerin wurde eine Fachfrau für Süssigkeiten!»

Das Auge kauft mit

Elena Rada sitzt in einem Büroraum. Ihr knallig farbiger Lippenstift und ihr Halstuch geben ihr etwas Jugendliches. Mit flinken Händen ist sie dabei, die hübschen, dekorativen Geschenkboxen aus Holz mit bunten Schleifen zu dekorieren. «Das Auge kauft mit!» Der Satz gilt überall auf der Welt. Auch für Schokolade aus Patagonien.

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