«Wänn du, wenns Toti git, gierig zu dim Loch us chrüchsch. Wännd denn wuchelang am Tatort um d‘Hüser schliichsch. Wännd d‘Nachberä vo Opfer go usquätsche gohsch. Und nöd mal d’Familie und d’Fründe in Rueh lohsch.» – Klare Worte in den Songzeilen von «Heinz de Specht».
In ihrem neuen Lied «Nur din Job» kritisiert das Schweizer Kleinkunst-Trio die Arbeitsmethoden von Schweizer Boulevardmedien. Eindeutiger als im Songtext werden sie im Musikvideo, halten Porträtbilder von «Blick»-Reportern und Redaktoren der «Schweizer Illustrierten» in die Kamera – zwar mit schwarzem Balken über den Augen, dafür mit Vornamen und Funktion in der Redaktion.
Jäger werden zu Gejagten
Nachdem im Refrain die Worte «Trottel» und «dummi Sau» fallen, offenbart sich das Konzept von «Heinz de Specht». Das Trio imitiert den Stil des Schweizer Boulevardjournalismus und macht die Jäger zu Gejagten. Ihre konkrete Zielscheibe ist die Berichterstattung rund um den Vierfachmord von Rupperswil Ende 2015.
Wochenlang waren damals Spekulationen und Titel wie «Drehte der Ex-Mann durch?» oder «Kurz nach dem Raclette-Selfie waren Sie tot» im «Blick» zu lesen. «Man liest diese Schlagzeilen und ist sich nicht bewusst, dass zuvor Angehörige für den Artikel persönlich belästigt wurden», meint Christian Weiss, Autor der Songzeilen und Mitglied von «Heinz de Specht».
«Zum Teil wird auch Nötigung angewendet: ‹Wenn sie nicht mit uns reden, schreiben wir, was wir gerüchteweise gehört haben und ihnen womöglich schaden wird›, heisst es dann. Und das gegenüber Leuten, die kurz zuvor ihre Familien, ihre Partner verloren haben.»
Das grosse Medienecho bleibt aus
Beiträge zum Thema
Das Lied «Nur din Job» ist eine Anklage. Damit möchte Weiss zeigen, welchem medialen Druck Menschen ausgesetzt sein können. Mit der namentlichen Nennung der Journalisten hat der Sänger den Spiess umgedreht.
Das Ziel war, «dass die Leute, die hinter den Artikeln stecken, öffentlich benannt werden. Sie verstecken sich in ihrer Anonymität, aber selber zerren sie Leute an die Öffentlichkeit, die das meist gar nicht wollen.»
Vor rund einem Monat hat das Trio den Song veröffentlicht, doch bis heute blieb das grosse Medienecho aus. In den sozialen Medien hingegen viralisierte sich das Video: rund 300‘000 Mal wurde es bisher angeklickt. Überregionale Medien wie die «Neue Zürcher Zeitung» oder der «Tages-Anzeiger» verzichteten auf eine Berichterstattung.
Auch die Reaktion seitens der Kritisierten blieb aus. Ringier schweigt zur Kritik von «Heinz de Specht». Christian Weiss hat eine einfache Erklärung dafür: «Nichts, was wir erzählen ist angreifbar. Es sind Tatsachen. Dass das Video im Netz auf Zuspruch stösst, dürfte verdeutlichen, dass eine Reaktion gegen unsere Kritik kontraproduktiv wäre.»
«Ihr seid nicht alleine»
Das Schweigen der Presse entmutigt Weiss nicht. Im Gegenteil, die vielen positiven Rückmeldungen über die sozialen Medien sieht er als Aufforderung weiterhin durch Musik und Satire auf Missstände in der Gesellschaft aufmerksam zu machen.
«Wenn man die Möglichkeit hat, eine Öffentlichkeit zu erreichen, ist das wertvoll. Wir können den einen oder anderen aufrütteln oder zumindest diejenigen bestärken, denen der Missstand bewusst ist. Ihnen zeigen: ihr seid nicht alleine, wir sind mit euch.»
Sendung: Kultur Kompakt, 28. September 2016, 17.06 Uhr.