Es ist eine Geschichte, die für alle Beteiligten hätte hoffnungsvoll ausgehen sollen – und doch schien sie von Anfang an schief zu laufen. Sie beginnt 2008 in einem Dorf in Äthiopien. Als Hussen und Sinkenesh die Diagnose HIV bekommen und sich damit ihre Lebenserwartung auf fünf Jahre reduziert. Sie sind verzweifelt. Noch sind sie munter, doch wer soll sich um ihre Kinder kümmern, wenn sie beide gebrechlich und irgendwann tot sein werden?
Das Ende ist erst der Anfang
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Schweren Herzens entschliessen sie sich, ihre beiden jüngsten Kinder zur Adoption wegzugeben. Immerhin, so verspricht ihnen eine Vertreterin der Adoptionsagentur «DanAdopt», würden sie regelmässig Fotos von und Berichte über die zwei Kinder erhalten. Ausserdem komme die Bildung im Ausland ihnen, und, wenn sie zurückkommen würden, auch ihrer Heimat Äthiopien zu Gute. Die vierjährige Masho und ihr zweijähriger Bruder Roba sollen deshalb zu Gert und Henriette aus Dänemark. Als diese – beide Psychologen – ihre Adoptivkinder in die Armen schliessen, scheint für das dänische Paar der lang ersehnte Wunsch einer eigenen Familie endlich wahr zu werden. «Sorgt euch nicht um die Kinder, sie werden euch schnell vergessen», wird den Eltern in Äthiopien beim Abschied ihrer Kinder gesagt.
«Ich will keine neue Mutter, ich habe genug davon.»
Doch Masho rebelliert, kann sich nicht an die neuen Eltern anpassen. In Gert und Henriette hat sie Eltern, die es zwar gut meinen, aber nur wenig empathisch sind. Sie sind überfordert und suchen Hilfe bei den dänischen Behörden – jedoch vergeblich. Masho kommt zeitweise in einer Pflegefamilie, später in einem Kinderheim in Dänemark, unter. Die Kleine weint: «Ich will keine neue Mutter, ich habe genug davon.»
Hussen und Sinkenesh ihrerseits versuchen unterdessen, etwas über das Wohlergehen ihrer zwei Kinder zu erfahren. Doch sämtliche Berichte hat ihnen die Adoptionsvermittlung bislang entgegen der Abmachung vorenthalten. Der Behördengang bleibt erfolglos.
Die Umstände ändern, aber die Tatsachen nicht
Mittlerweile sind sechs Jahre vergangen seit der Diagnose der Eltern und immer noch sind sie wohlauf. Dank Aidsmedikamenten geht es ihnen so gut, dass sie arbeiten und sich um ihre anderen Kinder kümmern können. Doch sie fühlen sich betrogen und ihre Sehnsucht nach Masho und Roba ist durchzogen von grossen Selbstvorwürfen.
Durch die Doppelperspektive, die der Film einnimmt, ergibt sich ein umfassendes Bild über mögliche Probleme einer Adoption. Zum einen bleibt fraglich, ob Masho und Roba überhaupt adoptionsbedürftig gewesen sind und die Adoptionsagentur nicht einfach ihre finanziellen Interessen über die Bedürfnisse des Einzelnen gestellt hat.
Falsche Vorstellungen auf allen Seiten
Anfänglich spricht der äthiopische Vater Hussein noch von der Hoffnung, Unterstützung von Gert und Henriette zu erhalten. Dass es sich bei der Adoption aber nicht um eine Erweiterung der Familie handelt, sondern um einen Bruch, ist für ihn und Sinkenesh eine schmerzvolle Erfahrung. Auch hier wurden sie von der Adoptionsvermittlung getäuscht. Es zeigt sich aber auch, wie wenig die Vorstellungen der Adoptiveltern mit der Realität übereinstimmen. Einer möglichen Traumatisierung der Kinder wird zudem nicht nachgegangen.
Katrine Kjaer hat die beiden Familien über fünf Jahre begleitet. Sie besuchte die Eltern mehrmals in Äthiopien, wo Adoptionsagenturen und Kinderheime wie Pilze aus dem Boden schiessen.
Filmerin im Interessenkonflikt
Die Filmemacherin lässt die Szenen für sich sprechen. Den dänischen Eltern habe sie versprochen, mit dem Film die Gesetze der Adoption zu akzeptieren und nicht einzugreifen. Letztlich sei sie nur durch diese zum Kontakt zu Hussen und Sinkenesh gekommen. Eine Tatsache, die sie oft in einen Loyalitätskonflikt gebracht habe, sagt Kjaer in einem Interview.
Trotz dem unrühmlichen Licht, das der Film auch auf sie werfe, hätten Gert und Henriette die Herausgabe des Films stark befürwortet, sagt Kjaer. Der Filmemacherin ist damit ein Portrait über falsche Vorstellungen und die ethischen Grundsätze der Adoptionsvermittlung gelungen.