Kürzlich auf einem Podium zum Thema «Wenn weniger mehr ist»: Die Referenten überboten sich mit Vorschlägen, was zu tun wäre, um unseren überbordenden Konsum zu drosseln. Mehr Dinge tauschen statt kaufen, sagten die einen. Weniger Wohnfläche pro Kopf, mehr aufs Fahrrad setzen, mehr Dinge reparieren, weniger Nahrungsmittel wegwerfen, nicht mehr so weit weg reisen, meinten andere.
Man war sich einig in dem Punkt, dass es eine neue, eine genügsamere – eben: suffizientere – Lebensweise braucht. Suffizienz, also eine Philosophie des Weniger, sei unabdingbar, um die Energiewende zu schaffen. Neue Technologien allein genügten nicht, und auch nicht verstärktes Recycling. Man war sich einig, dass es zu schaffen sei.
Dann aber stellte jemand aus dem Publikum die Frage, welche Folgen eine solche allgemeine Genügsamkeit für die Wirtschaft haben werde? Grosse Ratlosigkeit auf dem Podium.
Der Kapitalismus muss sich ändern
Naomi Klein, die streitbare Intellektuelle aus Kanada, hält in ihrem neuesten Buch «Die Entscheidung – Kapitalismus vs. Klima» fest, dass wir die kapitalistische Maxime des «Immer mehr» überwinden müssten, um die fortscheitende Schädigung unseres Ökosystems zu beenden.
Zu diesem Schluss sind bereits andere gekommen, allen voran der Nobelpreisträger Joseph Stieglitz, sowie die Ökonomen Amartya Sen und Jean-Paul Fitoussi, die 2009 in ihrem berühmten Bericht an den französischen Präsidenten die Forderung aufstellten, der Kapitalismus dürfe nicht mehr allein auf Wachstum setzen; auch andere Indikatoren wie Gesundheit, Glück, Beschäftigung, Umwelt seien für den Reichtum eines Landes von Bedeutung. Eine Forderung, die in der Schweiz vor allem der Ökonom Mathias Binswanger aufstellt, Hand in Hand mit einer Bewegung, die sich der «Lessness», dem Weniger, oder auch der Wachstumskritik, der « Décroissance », verschrieben hat.
Eine andere Währung
Das Grundproblem all dieser Ansätze liegt darin, dass diejenigen, die verzichten, nur immateriell belohnt werden. Sie gewinnen Freizeit, heisst es, sie gewinnen Lebensqualität, sie gewinnen Lebensglück – durch Verzicht auf den Verbrauch von Ressourcen. Aber der Nachbar, der einen fetten SUV fährt, sich Reisen in ferne Länder leistet und einen Pool – er gewinnt vielleicht auch Lebensglück, muss aber für seinen enormen Energiekonsum nichts bezahlen; wer verzichtet, kriegt nichts, ausser den Genuss seines Verzichts.
Die (auch materielle, also monetäre) Belohnung für Verzicht ist dann möglich, wenn ein Gut, das bisher in keiner Bilanz auftaucht, endlich eine Währung kriegt: der Verbrauch von Ressourcen wie Luft, Raum, Energie, Rohstoffe. Deren Verbrauch wird heute externalisiert, wie die Ökonomen das nennen, das heisst: Der Verbrauch von Umweltgütern taucht in keiner Bilanz auf, und die Kosten trägt in der Regel die Allgemeinheit.
Eine Bank für Energie
Hier setzt das Projekt des Ökopioniers Pascal Benninger an: die Idee einer Energiebank . Sie funktioniert nach dem Prinzip, dass jede Einwohnerin der Schweiz ein Energiekonto besitzt, auf dem jeder gleich viel hat. Mit jedem Einkauf, mit jeder gebuchten Reise wird dem Konto ein bestimmter Betrag abgezogen; wer gegen Ende des Jahres ins Minus rutscht, muss sich Energie dazukaufen (etwa, um sich den benzinfressenden SUV zu leisten). Die anderen, die sparsam leben, kriegen die Gelegenheit, ihr Guthaben zu verkaufen, oder, wenn sie möchten, aufs nächste Jahr gutschreiben zu lassen (um vielleicht eine längere Flugreise zu realisieren).
Damit tritt eine neue Währung auf den Plan, die ebenso tauschbar ist, ebenso handelbar wie Geld; wie beim Sparkonto ist auch beim Energiekonto derjenige reich, der möglichst wenig ausgibt. Und wie beim realen Geld gilt auch beim Energiekonto, dass, wer über seine Verhältnisse leben will, eben auf Pump leben muss. Nur tut das dann real weh, anders als heute. Und wer gemässigt lebt, kann dafür reales Geld kriegen, auch anders als heute.