«Wir sind eine für Schweden sehr typische Stadt», sagt Ulf Palm, Chef für Integrationsfragen in der Gemeindeverwaltung von Sandviken. «Die Geschichte unserer kleinen Stadt ist eng mit dem Aufstieg und Fall einer einzigen Industrie verbunden. Schon vor 50 Jahren sind viele ausländische Arbeitskräfte hierher gekommen.»
Früher Stahlindustrie, heute Golfplatz
Mit dem Verlust vieler Jobs in der Stahlindustrie verlor die Stadt, die zwei Zugstunden nördlich der Hauptstadt Stockholm liegt, aber auch Einwohner: von über 45'000 im Jahr 1970 auf unter 35'000 im Jahr 2005. Heute wächst Sandviken wieder: «Das hat einzig und allein mit der Zuwanderung aus dem Ausland zu tun», betont Ulf Palm.
Palm zeigt eindrücklich auf, wie Flüchtlinge aus der ganzen Welt in Sandviken einen Weg in die schwedische Gesellschaft finden können. Am Beispiel des Gutshofes Högbo Bruk, der von der Gemeinde betrieben wird: An einem kleinen Wasserfall nördlich des heutigen Stadtzentrums entstand Mitte des 19. Jahrhunderts der Vorläufer des Stahlunternehmens Sandvik.
Zukunftsträchtige Jobs
Heute funktioniert die Anlage weit über die Gemeinde hinaus als populäres Ausflugsziel und Ort der Erholung: Golf spielen im Sommer, Ski laufen im Winter. Über 100 Mitarbeitende unterhalten den Komplex – darunter Flüchtlinge aus Burma, Irak, Syrien, Eritrea und anderen Ländern.
Im modernen Gewächshaus der Anlage arbeitet Marmony Shee, eine aus Burma geflüchtete Angehörige des Karenvolkes. Sie zieht ökologische Tomaten und anderes Gemüse auf. «Ich lebe seit drei Jahren in Sandviken, mir gefällt diese Arbeit sehr», sagt die 40-jährige Frau.
«Wir versuchen hier, die Flüchtlinge mit einer sinnvollen und wirtschaftlich nachhaltigen Tätigkeit zu verknüpfen und sie auf diesem Weg für ein eigenständiges Leben in Schweden vorzubereiten», sagt Luis Fagundez, der Leiter des Gewächshausprojekts.
Arbeit verschafft Respekt
In Högbo Bruk gibt es zahlreiche solche Integrationsprojekte, finanziert von der Gemeinde, dem schwedischen Staat und der EU: eine Nähstube, eine Metzgerei, ein Waldarbeiterteam, ein Bauernhof für Lämmer – und ein Golfplatz. Überall machen nach Schweden eingewanderte Menschen so Erfahrungen an Arbeitsplätzen, die auf sie zugeschnitten sind. Dazu werden vor Ort gezielte Sprachausbildungen angeboten.
«Ich bin seit anderthalb Jahren in Schweden und komme aus Syrien», erzählt der 32-jährige Salman, der zusammen mit einigen Kollegen die Golfanlage von Högbo betreut. Salman spricht fliessend Schwedisch. Er ist seit einem guten Jahr Mitarbeiter des Golfklubs. «Ich bin sehr glücklich hier. Und dank meines Jobs treffe ich nicht nur viele Menschen aus Sandiviken, sondern werde wegen meiner Anstellung auch respektiert und anerkannt», betont der Vater von zwei kleinen Kindern.
Beiträge zum Thema
Renaissance der schwach besiedelten Region
Er und seine Kollegen in Högbo Bruk haben gute Aussichten, nach dem Einstiegsjahr eine feste Anstellung zu finden. Denn ausserhalb der boomenden schwedischen Grosstädte fehlt es in Schweden vielerorts an Fachpersonal in handwerklichen Berufen.
Während es in den Vororten von Stockholm, Göteborg oder Malmö wegen der Zuwanderung immer wieder zu – auch gewalttätigen – Konflikten kommt, betrachten die Schweden die Zuwanderung in den ländlichen Gebieten eher positiv. Denn: Sie trägt heute etwas unverhofft zu einer Rennaissance der weitläufigen und schwach besiedelten Regionen bei.