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Gesellschaft & Religion Gewinner und Verlierer nach «Köln»

Die massenhaften Straftaten in der Silvesternacht gegenüber Frauen werden bis heute heftig diskutiert. Politik, Gesellschaft und Medien sind gefordert, angemessen mit diesen Vorfällen umzugehen.

Die Verlierer

Die Opfer. Frauen in Köln, die unbeschwert den Jahreswechsel feiern wollten, haben Schreckliches erlebt, einen Spiessrutenlauf durch eine Menge von 1000 alkoholisierten und sonstwie enthemmten jungen Männern «nordafrikanischen oder arabischen Aussehens». Auch wenn einige der rund 700 Strafanzeigen erfolgreich bearbeitet und Täter ermittelt, verhaftet und vor Gericht gebracht werden könnten, bleibt für die Opfer der Schrecken und die Verwundung durch die Vorfälle.

Die Flüchtlinge. Sie fliehen vor Kriegen, an denen Westeuropa durch Waffenlieferungen beteiligt ist, und stossen nach einer kurzen Phase der Aufnahmebereitschaft, ja sogar der Willkommenskultur, zunehmend auf Ablehnung, ja Feindschaft. «Köln» liefert Fremdenfeinden dafür die Argumente. Und Europa ist daran, die Grenzzäune wieder hochzuziehen.

Syrische Flüchtlinge fürchten nach Köln um ihren Ruf (Die Welt)

Staat und Polizei. Ihnen wird Versagen vorgeworfen. Der Staat habe in der Euphorie der Willkommenskultur die Augen verschlossen vor Problemen, die sich durch die massive Zuwanderung innert kürzester Zeit ergeben. Die Kölner Polizei und die beim Kölner Hauptbahnhof diensthabenden Bundespolizisten seien in der Silvesternacht überfordert gewesen.

Übergriffe an Silvester: De Maizière wirft Kölner Polizei Versagen vor (Spiegel Online)

Die Medien. Sie ereilt der Vorwurf, über die Vorfälle in Köln zu spät berichtet und absichtlich die Herkunft der Täter verschwiegen zu haben, mit politischer Absicht, um die Diskussion über die Asylfrage niederzuhalten. Besonders das ZDF wurde heftig angegriffen, weil es zu spät über die Ereignisse berichtete. Der Sender musste sich öffentlich entschuldigen.

Medienschelte nach Köln: CSU entdeckt die Lügenpresse (Spiegel Online)

Der brandgefährliche Vorwurf des «Schweigekartells» (Die Welt)

Der Landfrieden. In Köln verübten schon am Neujahrstag Rechtsextreme Gewaltdelikte gegen Syrer und Pakistaner. Auch anderswo in Deutschland gehören solche Vorfälle mittlerweile fast zur Routine. Als Asylbewerber-Unterkünfte vorgesehene Gebäude werden angezündet, fremdländisch aussehende Menschen werden beschimpft und angegriffen. Im Internet und auf Demonstrationen wird gehetzt. Bürgerwehren entstehen. Das gesellschaftliche Klima wird vergiftet.

Pegida-Demo in Köln «Wir wussten das schon vorher» (FAZ)

«Political correctness». Was mit dem Gedanken begann, sprachlich nicht diskriminierend mit Frauen, Minderheiten und anderen Kulturen umzugehen, hat die politische Rechte in den letzten Jahren zu einem Schimpfwort umgewertet. «Politische Korrektheit» wird heute als Synonym zu «Denkverbot» verwendet – und erscheint damit eng verwandt mit dem Begriff «Lügenpresse».

Was darf man in Deutschland sagen – und was nicht? (Focus)

Die Gewinner

Die Rechte. AfD, Pegida und andere rechte Gruppen fühlen sich durch die Vorfälle von Köln in ihrem Welt- und Menschenbild bestätigt: Die Asylbewerber und Flüchtlinge schaffen in Westeuropa grosse Probleme. Die Forderung, die sie daraus ableiten, ist einfach: «Grenzen dicht!»

Silvesterübergriffe in Köln bescheren AfD Allzeit-Hoch (Mitteldeutsche Zeitung)

Merkelskeptiker. Die «New York Times» brachte die Meinung aller Merkelkritiker am 9. Januar in einem Kommentar zum Ausdruck: «Merkel must go!» Auf diesen Satz können sich Rechte und viele Linke einigen, wenn auch nicht aus denselben Gründen. Merkels Kanzlerschaft, die bislang jede Krise überstand, könnte zu Ende gehen.

Köln und die Flüchtlingsdebatte: US-Medien sehen Deutschland auf der Kippe (Spiegel Online)

CSU. Die bayerische Schwesterpartei der Koalitionspartei CDU forderte an ihrem Dreikönigstreffen eine Obergrenze der Zuwanderung und die sofortige Ausschaffung kriminell gewordener Asylbewerber. CSU-Chef Horst Seehofer spürt deutlichen Aufwind für die Positionen seiner Partei.

Aufeinandertreffen der Unnachgiebigen (Die Zeit)

Der «Law and Order»-Gedanke. Die deutsche Bundesregierung, angeführt von Kanzlerin Angela Merkel, forderte bereits kurz nach Bekanntwerden der Vorfälle von Köln eine «harte Antwort des Rechtsstaates». Die Terrorgefahr durch islamistische Extremisten ist ein weiteres Argument dafür, die finanziellen Mittel und das Personal für einen effizienten Schutz von Recht und Ordnung zur Verfügung zu stellen.

Übergriffe in Köln: Merkel verlangt harte Antwort des Rechtsstaats (Spiegel Online)

Feministinnen. Seit Jahrzehnten machen Feministinnen (und zugewandte Männer) auf patriarchale Strukturen, Geschlechterrollen und sexuelle Gewalt aufmerksam. Aufgrund der massenhaften Delikte von Köln greifen Medien gegenwärtig das Thema wieder auf. Die Twitter-Kampagne #ausnahmslos gegen Sexismus und Rassismus fand ein breites Echo.

#ausnahmslos – gegen sexualisierte Gewalt und Rassismus

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