Sie vertreten die schwangere Moderatorin Nina Mavis Brunner beim Kulturplatz. Sind Sie jetzt «Generation Mutterschaftsvertretung»?
Harald Schmidt: Das ist eigentlich kein schlechter Begriff. Der müsste etabliert werden: Generation Mutterschaftsvertretung. Nein, ich bin, glaube ich, Generation supermoderner Mann.
Sie sagen, Sie mögen an den Schweizern die Zurückhaltung. Jetzt kann man Ihnen vieles vorwerfen, aber Zurückhaltung nicht.
Da verwechseln Sie die professionelle Figur mit der privaten.
Die gibt es, die private?
Natürlich.
Das hat sich das Feuilleton 20 Jahre lang gefragt ...
Da hätte ich vom Feuilleton auch mal einen Blumenstrauss erwartet oder 'ne lauwarme Flasche Lambrusco, dafür dass ich das Feuilleton so am Leben gehalten habe mit meiner Rätselhaftigkeit.
Glauben Sie, Ihr Humor kommt hier an?
Das ist ja mein Erfolgsrezept, dass ich mich immer davon unabhängig gemacht habe, ob er ankommt oder nicht.
Abgesehen von Ihrem speziellen Humor – wie werden sie moderieren?
Zügig. Zügig. Ich bin kein Freund von ausschweifenden Moderationen. Knapp, pointiert und rumms! – kommt der nächste Beitrag.
Und Sie wissen, dass Sie durch's Bild laufen müssen?
Ja, das gefällt mir sehr gut, diese Ästhetik. Das ist pro Silbe eine neue Location. Man sagt «Gu» auf der Treppe und «ten» in der Kantine und «A» auf dem Bahnhofsvorplatz und «bend» am Rand des Zürichsees. Also das macht vier Drehtage allein für «Guten Abend».
Aber das kriegen Sie in fünf Minuten hin.
Das weiss ich nicht.
Hat man Ihnen schon gesagt, dass Sie keinen Co-Moderator an der Seite haben wie sonst immer?
Deswegen mach ich's ja.
Sie wollen endlich Ruhe haben?
Die hatte ich auch schon, als ich welche an der Seite hatte.
Wir nähern uns Weihnachten, die Tage werden besinnlicher. Zeit zurückzublicken: Was war für Sie 2014 ärgerlich?
Eigentlich nichts. Ich bin ja Stoiker. Da nimmt man die Dinge, wie sie das Schicksal bringt.
Ich dachte, Sie sind Zyniker, um nicht zu sagen Kyniker.
Das geht doch gar nicht anders. Wie wollen Sie denn kein Zyniker sein? Es sei denn, man hält sich die Augen zu und die Ohren und ist auch nicht mehr der Hellste in der Birne, dann kann man mit viel Freude über die Weihnachtsmärkte gehen. Wobei als Zyniker sind Sie ja gar nicht mehr vom Weihnachtsmarkt runterzukriegen. Da wird ja der Zynismus gefeiert, dass man eigentlich Tränen in die Augen kriegen möchte. Mit Menschen, die sich bei zwölf Grad über Null dicke Schals um den Hals wickeln und dicke Pelzmützen aufsetzen, weil das eben an Weihnachten so sein muss.
Gab es etwas Erfreuliches, das Ihnen in Erinnerung bleiben wird von 2014?
Sehr, sehr viel Privates, aber Sie wissen doch, ich bin einer, der nicht öffentlich über Privates spricht. Aber da sind tolle Sachen passiert. Schade. Schade. Schade. Ich bin schon fast gefährdet, es Ihnen zu verraten. Aber ich bin so konsequent in meiner fast rehhaften Scheu.
Ja, aber die Stimme war toll, wie Sie das gesagt haben.
Das hab ich drauf. Das ist so eine Weiber-schwindlig-quassel-Stimme. (Mit tiefer Stimme:) Das wird schon wieder ... Wie, man hat deinen Roman abgelehnt? Kann ich mir gar nicht vorstellen. War doch so eine gute Idee von dir.
Mit der Stimme könnten Sie auch eine Jazz-Sendung moderieren.
Das wär auch nicht schlecht. (Mit tiefer Stimme:) Willkommen im Schweizer Fernsehen bei den Jazz-Tagen in Verbiers. Jackley Brown-Bunsen hat sich rar gemacht am Bass, aber die Neueinspielung auf einem alten Mikrofon weist den Weg für viele, die ihn schon abgeschrieben hatten ... und dann so 20 Minuten ein Solo (Schmidt macht Basslauf) . (Auf Schweizerdeutsch:) Jazz us de Schwiiz. Uf Wideluege.
Da war aber viel Schönes dabei.
Natürlich, natürlich, es war grossartig, aber ich bin zu faul, um noch aufzustehen. Manchmal juckt's mich, wenn ich sehe, was so alles mittlerweile auf die Bühne geht, aber ich bin zu faul, ich muss es klar sagen.
Müssten Sie überhaupt noch arbeiten?
Finanziell?
Ja.
Das ist alles Theorie. Man weiss ja nicht, wo der Rubel noch hinrollt. Wenn die Politik sich so verhält wie jetzt, dann muss ich nicht mehr arbeiten. Aber ... (lange Pause) diese Erwerbsarbeit, das ist schon bitter.
Das wäre bitter.
Beiträge zum Thema
Arbeiten Sie bei SRF wegen des Geldes oder weil Sie Ihren Usern verbunden sind?
Mit welcher Antwort habe ich eine Chance?
Das ist wurst, ist eh alles falsch (lacht schallend) .
Vielen Dank für das Gespräch.
Vielen Dank für das Interesse, das man mir noch entgegenbringt.