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Balinesischer Laden mit Aufschrift Eat, Pray, Love.
Legende: Man macht auf Bali keinen Hehl daraus, dass die Tradition auch zum Geschäft geworden ist. SRF

Gesellschaft & Religion Heile mit Weile: Julia Roberts und der Bali-Boom

Wie geht Leben, seine Mitte finden? Um das wieder zu lernen, pilgern zehntausende Touristen nach Indonesien. Auf Bali begeben sie sich für stolze Preise in die Hände von Heilern – ganz nach dem Vorbild von Julia Roberts im Film «Eat, Pray, Love».

Fünf Tage Glückseligkeit im Herzen der Götterinsel. Yoga, Musik, Tänze, Meditation – die Besucherzahlen am Bali Spirit Festival steigen jedes Jahr. Bis zu 800 Franken zahlen Gäste für ein Ticket. «Alle sind auf der Suche und versuchen sich zu erinnern, wie man das Leben geniesst», sagt Direktorin Megan Pappenheim.

Handlese-Szene.
Legende: «Seit dem Film verdienen wir mehr», sagt I Nyoman Latra, Sohn des Handlesers aus «Eat, Pray, Love». SRF

Dass gerade Bali einen Aufwind von Spiritualitätsreisen erlebt, hat mit einem Bestseller und dessen Verfilmung zu tun. In «Eat, Pray, Love» erzählt Elizabeth Gilberts 2006, wie sie als gestresste Westlerin wieder Harmonie im Leben gefunden hat. Im Film ist es Julia Roberts, die für ihr Seelenheil unter anderem nach Bali reist.

Selbstsuche – und eine Prise Glamour

Auch Jahre nach der Verfilmung 2010 wandeln Tausende von Touristen auf ihren Spuren. Und treffen etwa den Handleser Ketut Lyer in Ubud. Im Film spielt er sich selbst.

Inzwischen ist Lyer verstorben, doch sein Sohn führt die Tradition fort. 25 Franken kostet eine Handlesung. Seit dem Film verdiene die Familie deutlich mehr Geld, sagt I Nyoman Latra. Er hat ein neues Haus gebaut, ein Hotel mit 20 Zimmern, einem Restaurant und einem Spa.

Beitrag zum Thema

Keine Erfindung für Touristen

Ubud war schon lange vor dem Bestseller ein Zentrum für Kultur, Künstler und Heilkunst. So sind die Angebote auf Bali denn auch keine künstlichen Inszenierungen, um Touristen anzulocken. Man bietet nur das an, was sowieso das Herz der Insel ausmacht, und macht daraus ein lukratives Geschäft.

Auf Bali gehen Menschen seit jeher zu so genannten «Balian» – Heilern, die entscheiden, ob der Patient von einem bösen Geist besessen ist oder ob er andere medizinische Behandlung braucht.

1000 Franken für Heilerin

Wayan Nuriasih ist eine solche Heilerin. Seit der Verfilmung von «Eat, Pray, Love» steht ihr Leben Kopf. Sie kommt im Film vor, gespielt von einer Schauspielerin.

Ihre Körperanalysen kosten 50 Franken. Touristen zahlen schon einmal mehr als 1000 Franken, wenn sie online eine 5-Tages-Behandlung buchen, die ein chronisches Problem mit balinesischen Ritualen wie einer Reinigung oder der Wiederherstellung der Energieflüsse heilen soll.

Und das, obwohl die Heilerin offen zugibt: «Ich sage nicht, dass ich besser bin als ein Arzt. Ich bete einfach zu Gott und gebe ihnen selbstgemachte pflanzliche Medizin, damit sie sich besser fühlen.»

Bali – in den 1970er-Jahren kamen die Hippies, dann die Surfer, dann die Pauschaltouristen. Und jetzt die Sinnsuchenden. Zwei Millionen Touristen pro Jahr zählt die Insel inzwischen. Und das bei 4,2 Millionen Einwohnern.

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