Er ist der höchste Schweizer im Vatikan, Präsident des Päpstlichen Rates zur Förderung der Einheit der Christen: Kurt Koch. Bei ihm habe ich seinerzeit studiert. Damals war Koch noch Theologieprofessor an der Universität Luzern. Wir haben stundenlang über die Frage diskutiert, ob wir im nächsten Leben Frösche sein werden, über die Frage der Reinkarnation also. Ich hatte jedenfalls mehr Sympathie für die Vorstellung von mehreren Erdenleben als Kurt Koch.
Für Kurt Koch folgten anstrengende Jahre als Bischof von Basel. Kaum war der Streit mit Pfarrer Franz Sabo von Röschenz beigelegt, berief ihn Papst Benedikt XVI. nach Rom.
Als Ökumene-Minister des Papstes ist er nun seit fünf Jahren im Amt – und richtig aufgeblüht. Mich beeindruckt, wie sich Kurt Koch mit Haut und Haar für diesen Dialog engagiert. Er führt Gespräche mit den orthodoxen Kirchen, den aus der Reformation hervorgegangenen Kirchen und mit dem Judentum. Mails beantwortet er mitten in der Nacht. Wenn wir uns treffen, kommt er jedes Mal von einer anstrengenden Reise zurück. In seinem Büro in Rom jagt ein Termin den nächsten.
Ein Herz für Obdachlose
Nach einem langen Bürotag schlendern wir gemeinsam über den Petersplatz. Obdachlose machen sich für die Nacht unter freiem Himmel bereit. Papst Franziskus hat ein Herz für sie. Kurt Koch freut’s: Armut sei ein grosses und an vielen Orten ein verdecktes Problem. Hier bekomme die Armut ein Gesicht.
Papst Franziskus kennt das Leben der Armen aus seiner Heimat Argentinien. Sein Engagement für die Ärmsten ist nur eine Facette seines Pontifikats. Wo steht der Papst? Welchen Kurs vertritt er? Franziskus sei kein Linker und kein Rechter, sondern ein Radikaler. Er suche die Wurzeln des Christentums, meint Kurt Koch.
Sendungen zum Thema
- Ein Meilenstein der Kirchengeschichte (Perspektiven, 22.11.2015)
- Kurt Kardinal Koch und die Ökumene (Zwischenhalt, 21.11.2015)
- Gespräch: Kardinal Kurt Koch (Rundschau, 13.2.2013)
- Kurt Koch zum Kardinal ernannt (Tagesschau, 20.11.2010)
- Neuer Kardinal Koch kritisiert Schweizer (Tagesschau, 20.11.2010)
Papst wirft der Kurie geistlichen Alzheimer vor
In den Dezembertagen 2014, kurz vor Weihnachten hält Papst Franziskus eine wenig erbauliche Rede vor den Kardinälen. Unter ihnen sitzt Kurt Koch. Der Papst benennt Krankheiten der Kurie: die «Krankheit der geistigen und geistlichen Versteinerung», die «Krankheit des geistlichen Alzheimers» und die «Krankheit der schizophrenen Existenz». Starke Worte.
Mich interessiert, wie Kurt Koch auf diese Anwürfe reagiert hat. Jeder habe einen Punkt gefunden, in dem er etwas verändern müsse. Auf die Frage, was er sich vorgenommen habe, antwortet er: «Ich bin jetzt nicht in einem Beichtgespräch.»
Papst Franziskus bringt frischen Wind in den Vatikan. Den Dialog mit den anderen Kirchen will er nicht nur den Theologen überlassen. Auf die Frage einer evangelisch-lutherischen Frau, wann sie denn nun mit ihrem katholischen Partner zum gemeinsam Herrenmahl gehen könne, meint der Papst vor Kurzem, es sei nicht seine Kompetenz, gemischten Ehen die gemeinsame Kommunion zu erlauben. Er fügt hinzu: «Sprecht mit dem Herrn und geht weiter.» Für Papst Franziskus ist das Leben grösser als die Theologie. Der Mensch steht im Zentrum.