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Gesellschaft & Religion Kirchen in Korea: In der Konfliktfrage gespalten

Vor der Spaltung haben koreanischen Kirchen viel zur Modernisierung des ganzen Landes beigetragen. Heute ist die Haltung der Kirchen in der Republik dem Nachbarn gegenüber gespalten: Manche der kleinen Kirchen fordern eine Annäherung – andere wiederum sind stark anti-kommunistisch.

Die Kirchen in Korea sind noch ziemlich jung. 1784 kam es zu ersten Kontakten mit dem Katholizismus, 1884 mit dem Protestantismus. Dabei lernten Koreaner das Christentum in China kennen und verbreiteten es dann zu Hause. Erst nach der Öffnung des Landes 1880 kamen erste kanadische und amerikanische Missionare ins Land. Das Christentum verbreitete sich schnell: Ein Drittel aller Koreaner und Koreanerinnen sind heute Christen – etwa gleich viele wie Buddhisten.

Vor allem der Protestantismus fand grossen Anklang. Noch heute haben die Protestanten doppelt so viele Mitglieder wie die katholische Kirche. Die protestantische Übersetzung der Bibel ins Koreanische zog viele einfache Leute an. Vor allem Frauen, die vorher nur wenige Bildungschancen hatten, konnten durch den Bibelunterricht lesen und schreiben lernen. Gerade durch diese Bildungsoffensive, durch Schulen und Krankenhäuser, haben die Kirchen viel zur Modernisierung Koreas beigetragen.

Die Kirchen nach der Spaltung

Viele Menschen tragen kleine Holzkreuze und weisse Ballons.
Legende: Osterprozession in Südkorea. Reuters

Mit der Trennung von Nord-und Südkorea nach der Besatzung Japans im Jahr 1945 wurden auch die Kirchen aufgespalten. In Südkorea gibt es heute über 200 verschiedene protestantische Konfessionen, die sich selber verwalten und eigene Synoden haben. Die politische und religiöse Ausrichtung dieser Kirchen unterscheidet sich sehr stark. Auch Katholiken sind präsent.

In Nordkorea gibt es einen kleinen protestantischen Christenbund, dem rund 13'000 Christen angehören. Es gibt zwei protestantische Kirchen in Pjöngjang sowie eine katholische und eine orthodoxe Kirche. Weiter gibt es aber auch ungefähr 500 protestantische Hauskirchen. Offiziell gilt in Nordkorea Religionsfreiheit. Doch seit der Gründung des sozialistischen Staates erfahren die Religionsgemeinschaften Repressionen. Die Mehrheit der Nordkoreaner ist deshalb konfessionslos.

Gerade in Korea mit seiner bewegten Geschichte – von der japanischen Kolonialherrschaft, dem Korea-Krieg, bis zu den Diktaturen in Nord- und Südkorea – haben die Kirchen immer noch grossen Zulauf. Die Botschaft, dass Gott den Menschen auch in ihrem Leiden nahe ist, fällt in Korea auf fruchtbaren Boden.

Die Kirchen während des Korea-Kriegs

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Geteiltes Land: Christen in Süd- und Nordkorea
aus Blickpunkt Religion vom 07.04.2013.
abspielen. Laufzeit 4 Minuten 24 Sekunden.

Der Koreakrieg von 1950-53 hinterliess tiefe Narben in beiden Ländern. Es kamen je nach Schätzung bis 3,5 Millionen Menschen ums Leben. Kirchen waren danach unter den ersten, die Schuld eingestanden. Sie gaben 1988 eine Erklärung ab, dass alle Koreaner und Koreanerinnen mit diesem Krieg schuldig geworden waren.

Erst zehn Jahre später verwirklichte der damalige Präsident Südkoreas, Friedensnobelpreisträger Kim Dae-jung, die Forderungen der Kirchen und etablierte eine sogenannte Sonnenscheinpolitik dem Norden gegenüber. In den Jahren 2000 bis 2003 entwickelte sich eine Politik des Austauschs und der Kooperation, die sich in den letzten zehn Jahren wieder stark abgekühlt hat.

Kirchen heute: von Annäherung bis anti-kommunistisch

Viele Kirchen fahren diesen Kurs noch heute. Sie fordern einen Wandel durch Annäherung, einen Friedensvertrag. Denn bis heute besteht zwischen Nord- und Südkorea nur ein Waffenstillstand, kein wirklicher Frieden. Diese Kirchen unterstützen Nordkoreaner auch mit Spenden und Lebensmitteln.

Andere südkoreanische Kirchen hingegen lehnen jegliche Annäherung ab. Sie sind anti-nordkoreanisch und fordern eine harte Haltung gegenüber dem kommunistischen Regime. Auch die konservative Regierung ist heute von dem Annäherungskurs abgekommen und ist zu wenigen Kompromissen bereit.

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