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Frau läuft an Mauer vorbei, auf die eine lachende Frau mit Blumenkorb gezeichnet ist.
Legende: Eine Frau in Teheran: Wurde die Stimmung in den letzten Jahren immer schlechter, scheint es jetzt bergauf zu gehen. Reuters

Gesellschaft & Religion Kulturschaffende im Iran verspüren wieder Hoffnung

Anfang Februar wurde im Iran das Jubiläum der Revolution gefeiert, unter anderem mit dem Kulturfestival Fajr. Hier wurden Filme gezeigt, die bisher zensiert waren. Doch ganz ohne Zensur ging der Event auch dieses Jahr nicht über die Bühne. Filmjournalist Amin Farzanefar war vor Ort.

Amin Farzanefar, Sie fahren jedes Jahr in den Iran. Wie sind Ihre Eindrücke, sechs Monate nach Amtsantritt der neuen Regierung?

Amin Farzanefar: In Teheran ankommen ist immer wieder überwältigend. Teheran ist eine Metropole, die aus allen Nähten birst. Viel moderner, als man sich das hier vorstellt, aber natürlich gezeichnet von den wirtschaftlichen Problemen, ausgelöst durch den Boykott. Wurde die Stimmung in den letzten Jahren immer schlechter, sieht es dieses Jahr anders aus: Es hat sich noch nicht konkret was verbessert, aber die Menschen haben das erste Mal Hoffnung. Man wartet auf die nächsten Monate und hofft auf positive Verhandlungsergebnisse mit dem Westen.

Insbesondere die Kulturschaffenden mussten unter der Regierung Ahmadinedjad leiden. Hat sich da etwas geändert?

Amin Farzanefar

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Amin Farzanefar wurde 1965 in Teheran geboren. Er arbeitet als Film- und Kulturjournalist für verschiedene Medien (u.a. für taz, WDR, NZZ, Deustche Welle). Seit 2001 reist er aus Liebe zum Kino aus dem Nahen und Mittleren Osten regelmässig an Filmfestivals der Regionen und ist Kurator der Iranischen Filmtage in Köln.

Man hat immer wieder davon gehört, dass Filmschaffende unter Ahmadinedjad verurteilt und Berufsverbote verhängt wurden. Andererseits hat sich die iranische Kulturszene nicht kleinkriegen lassen. Man hat immer ein reges Kulturleben gelebt. In den Galerien und den kleineren Theatern. Auch fürs Kino wurden jedes Jahr Dutzende von Filmen produziert. Was aber allen hier fehlt, ist der internationale Austausch. Dass man nicht nur in einer Blase tätig ist sondern Austausch pflegt – und auch Wertschätzung erfährt. Aber gerade Kooperationen mit dem Ausland standen lange unter Generalverdacht. Aber da ist einiges in Vorbereitung, wie ich von der Deutschen Botschaft gehört habe. Ausländische Künstler sollen wieder verstärkt Interesse an einer Kooperation mit dem Iran haben und das ist ein ebenso gutes Zeichen wie dass es angeblich eine Touristenschwemme im Sommer geben wird.

Das Kino ist ja das Aushängeschild iranischer Kultur, gerade das hatte es unter Ahmadinedjad schwierig. Jafar Panahi wurde zu Berufsverbot verurteilt, mehrere Filmschaffende haben das Land verlassen. Wie sah es dieses Jahr auf dem Festival aus?

Auch wenn der Präsident aktuell viel zu tun hat, hat er sich an die Filmschaffenden gewandt und die Bedeutung des Filmschaffens mehrfach erwähnt. Man kann fast sagen: Er hat sich entschuldigt für die düstere Zeit der letzten Jahre. Er hat eine neue Ära angekündigt.

Das ist, was er gerne möchte. Was er dann wirklich bewirken kann, ist wieder durch die Realpolitik eingeschränkt. Generell zum Festival kann man sagen: Es gab viel mehr neue Filme als in den letzten Jahren und einige der in der Vergangenheit zensierten Filme wurden freigegeben. Doch auch dieses Jahr hat die Zensur eingegriffen – noch während des Festivals – und der eine oder andere kritische Film wurde heruntergestuft oder gar aus dem Programm gestrichen.

Wir haben bisher viel von Politik gesprochen. Wie war denn die Qualität der am Festival gezeigten Filme?

Das iranische Kino hat immer eine sehr hohe Qualität gehabt, auch dieses Jahr gab es wieder überragende Filme. Beispielsweise ein Film der Regisseurin Rakhshan Bani-Etemad, die auch im Westen nicht ganz unbekannt ist und mit hartem Sozialrealismus die Abgründe der islamischen Republik genauso porträtiert wie auch die Hoffnungen der Bevölkerung. Sie hat einen Film gezeigt, den sie jahrelang zurückgehalten hatte.

Oder das ambitionierte Prestigeprojekt von Ahmad Reza Darvish, der das Gründungsdrama der islamischen Republik sehr bildmächtig inszeniert hat und dafür sechs Preise gewann. Der Film versucht, «Lawrence of Arabia» zu zitieren und ist von den technischen Schauwerten her sehr beachtlich. Dazwischen gab es ganz viel Gutes, Mittelmässiges und Erträgliches.

Wie lautet ihr Fazit zum Besuch in Teheran? Kommt es zu einer Entspannung zwischen der westlichen Welt und dem Iran?

Die Zeichen insgesamt – im Grossen wie im Kleinen – sind, wenn nicht gut, dann doch so gut wie seit acht Jahren nicht mehr. Und daran muss man sich festhalten, was die Leute auch tun. Sie verspüren erstmals Hoffnung. Und sie sagen sich: Wir setzten jetzt mal auf diesen Präsidenten und gucken, was er für uns in den nächsten Wochen herausholen kann – wirtschaftlich und dann am Ende auch kulturell.

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