Zwei Tage nach Eröffnung des Toni-Areals hatte man die Medien dort bereits satt. Das merkten wir deutlich, als wir versuchten, Studierende zu interviewen. Fernsehen? Sicher nicht! Nur die Musikstudenten waren sehr offen und fröhlich an jenem Donnerstag. Bei den anderen erlebten wir eine Mischung aus Schüchternheit und – sorry – leichter Arroganz.
Vielleicht hat man aber einfach auch genug von der immer wiederkehrenden Frage, was denn bitte all diese Kunsthochschulstudenten mal machen sollen nach ihrem Abschluss. Denn mit der Eröffnung des grosszügigen Areals in der ehemaligen Milchfabrik schwebt diese Frage in der Luft. Wie der Rektor Thomas D. Meier es formulierte: Es bestünden jetzt gewisse Erwartungen, die man auch erfüllen müsse.
Auch Buchhalter arbeiten in der Kreativwirtschaft
Ein wichtige Feststellung vorab: Geändert hat sich nicht viel an der Zürcher Hochschule der Künste. Klar, fast alle Studiengänge sind jetzt an einem Standort vereint. Aber zahlenmässig nimmt die ZHdK seit Jahren gleich viele Studenten auf. Im Jahr 2014 studieren hier insgesamt 2063 Hochschülerinnen und -schüler.
Um festzustellen, ob der Arbeitsmarkt so viele Abgänger verträgt, braucht man diverse Parameter. Und genau dort beginnt das Problem. Die Kreativwirtschaft ist ein äusserst flexibles Gebilde, die Arbeitsfelder sehr vielfältig. Die Forschung geht grosszügig mit der Frage um, was alles zur Kulturwirtschaft gehört: Tänzer, Musiker, Künstler, aber auch Designer in der Automobilindustrie oder gar Buchhalter in einem Verlag werden dazu gerechnet.
Viele bekommen Teilzeitstellen
So gesehen arbeiten in der Schweiz etwa 260‘000 Menschen in der Kreativwirtschaft. Das sind ungefähr 5 Prozent des gesamten Arbeitsmarktes. Doch längst nicht alle Absolventen bleiben in der Schweiz. Der Markt funktioniert sehr global, viele Künstler versuchen ihr Glück im Ausland.
Bleiben wir aber in der Schweiz: Viele finden zwar einen Job, ein grosser Prozentsatz arbeitet aber Teilzeit. Und schon sind wir beim nächsten Problem: Kann die Arbeit im Kreativbereich tatsächlich konkurrieren mit «handfesten» Jobs in der Wirtschaft oder im Gesundheitswesen? Und wie viele der erworbenen Fähigkeiten an einer Kunsthochschule lassen sich auch in «artfremden» Jobs anwenden?
Ein strenges Selektionsverfahren
Die Zürcher Hochschule der Künste ist sich der Verantwortung bewusst und will nicht wahllos Studenten ausbilden. Sie achtet darauf, wieviel der Arbeitsmarkt tatsächlich verträgt. Deshalb gibt es ein strenges Selektionsverfahren: Von 100 Bewerberinnen und Bewerbern dürfen durchschnittlich nur 30 an der ZHdK studieren. Interessenten müssen sich immer wieder bewerben, sei es für ein Propädeutikum, die Bachelorstufe und dann später für den Masterstudiengang.
Zum einen trägt man damit der kostenintensiven Ausbildung Rechnung. Zum anderen verfolgt man mit wachem Auge die Entwicklung auf dem Arbeitsmarkt. Ausserdem hat die ZHdK gemeinsam mit der Basler Kunsthochschule den «Inkubator» gegründet. Dieses Gründerzentrum unterstützt gute Ideen finanziell und ideell, damit sie markttauglich werden.
Letztlich besteht hier auch ein starkes Eigeninteresse der ZHdK. Denn je besser die Hochschule an die Zukunft ihrer Studenten denkt, umso besser kann sie auf dem globalen Markt der Kunsthochschulen konkurrieren. Und das wird immer wichtiger in einem flexiblen, globalisierten Arbeitsmarkt.