Das «Wörterbuch historischer Berufsbezeichnungen» ist zwar «nur» ein Wörterbuch – aber eines mit hohem Unterhaltungswert. Es macht Spass, darin zu blättern, weil man auf Berufe und Tätigkeiten stösst, von denen man nicht einmal mehr weiss, dass es sie gab.
Die perfekte Quelle
Der Kniescheibenmacher etwa war kein Prothesenfabrikant. Sondern ein Schmied mit Spezialgebiet Knieschutz von Rüstungen. Im Unterschied zum sogenannten Halsberger, der den Hals- oder Oberkörperschutz einer Rüstung herstellte.
Man sieht: Historische Berufsbezeichnungen sind eine wichtige Quelle für die Militär-, Wirtschafts-, Sozial- und Alltagsgeschichte – also im Grunde genommen für jeden Bereich des früheren Lebens.
Noch vor der Erfindung der Zeitung, wie wir sie heute kennen, gab es den Zeitungssänger. Er zog seit dem 16. Jahrhundert von Ort zu Ort und verlas die Neuigkeiten. Nicht ohne Grund: Damals waren die meisten Leute des Lesens noch nicht mächtig.
Regionale Varianten
Auch eine Leistung von Jakob Ebners «Wörterbuch historischer Berufsbezeichnungen»: Es erläutert die verschiedenen Berufe nicht nur sprachlich und historisch, sondern führt auch die regionale Varianten an.
Der Waldhüter – der Forstbeamte also, der einen bestimmten Waldbezirk beaufsichtigte – hiess überall im deutschen Sprachraum ein wenig anders. Hierzulande Bannwart oder Bammer, anderswo Forstläufer, Heger, Heidewärter, Holzmeier oder Waldgeschworener.
Das Wörterbuch zeigt auch: Viele Familiennamen gehen auf Tätigkeiten und Berufsbezeichnungen zurück. Auch hier sind die Schreibvarianten der Familiennamen, wenn immer möglich, angegeben.
Plötzlich negativ
Besonders interessant sind jene Wörter, die man noch kennt, aber nicht mehr weiss, dass sie auf alte Berufsbezeichungen zurückgehen. Der Schönfärber zum Beispiel. Heute ist er ein Schimpfwort für jemanden, der eine Sache schön redet – früher war es ein ehrenwerter Beruf. Der Schönfärber färbte Seiden- und Wollstoffe mit Mustern ein. Eine positive Berufsbezeichnung also.
An der Bedeutungsveränderung zeigt sich, dass die Sprache sich verändert. Der Torwart war früher kein Goalie, sondern der Wächter am Stadttor, der kontrollierte, wer ein- und ausging.
Auch der Nachtkönig ist eine Schönfärberei. Im «Wörterbuch historischer Berufsbezeichnungen» steht: «Person, die nachts die Abtritte reinigt und den Unrat entfernt.» Auch für den Nachtkönig gab es verschiedene Bezeichungen: Abtritträumer. Goldgräber. Heimlichkeitsfeger.