In unserem Kulturkreis sehen viele Menschen in Hunden ihren treusten Freund. Über eine halbe Million haariger Vierbeiner sind in der Schweiz registriert. Doch nicht jede Kultur schwärmt für die gleichen Tiere. In der arabischen Welt begeistern sich Menschen für das einhöckrige Dromedar, auch arabisches Kamel genannt.
Die innige Beziehung zwischen der arabischen Kultur und dem Dromedar hat sich über viele tausend Jahre entwickelt. In der Geschichte der islamischen Urgemeinde kommt etwa die Kamelstute Qaswa zur Sprache. Auf ihr ritt der Prophet Mohammad von Medina nach Mekka. Im Koran werden Kamele mehrmals genannt. Ihre natürlichen Vorteile in der Wüste lange ohne Wasser und Nahrung zu überleben, halfen den Nomaden der arabischen Halbinsel Schlachten auszutragen und Waren zu transportieren. Und spielten somit bei der Entwicklung dieser Region eine wichtige Rolle. Mit ihrer Milch und ihrem Fleisch sicherten die Säugetiere auch das Überleben vieler Beduinenstämme.
Symbol für Kraft, Geduld und Schönheit
Mit den Allround-Jeeps und der wachsenden Technologie des 20. Jahrhunderts verloren Kamele zunehmend an ihrer Bedeutung als Last- und Nutztiere. Doch der kulturelle Stellenwert der einstigen Wüstenschiffe blieb erhalten und wird während traditioneller Anlässe im Golf, wie etwa während dem al-Dhafra Festival in Abu Dhabi, gerne gefeiert. Sie stehen weiterhin für Kraft, Geduld sowie Schönheit und sind Symbol für Wohlstand – wenn der Reichtum eines Mannes etwa an der Zahl seiner Kamele bemessen wird.
Doch längst sind Kamele nicht nur noch Statussymbol, sondern haben sich auch zu einer finanziellen Investition gewandelt: Ein schönes Kamel, das sich durch ausladende Unterlippen, einen flachen Hals und lange Wimpern auszeichnet, bringt an Schönheitswettbewerben viel Geld ein. Die guten Gene eines erfolgreichen Rennkamels zahlen sich aus. Mit seinem Verkauf kann der Besitzer Hunderttausende von Franken verdienen.
Der Weg auf die Speisekarte
Doch nicht nur mit der Schönheit und Schnelligkeit der eleganten Tiere lässt sich heute Geld verdienen, sondern auch mit ihren Erzeugnissen. Während früher Kamelurin als Medizin gegen Hautauschläge half oder dem Haar Glanz und Geschmeidigkeit verlieh, nutzen Unternehmer zunehmend das Fleisch und die Milch der Dromedare. Das wenig Fett und Cholesterin enthaltende Kamelfleisch wird inzwischen nicht nur unter Beduinen zu Festlichkeiten serviert, sondern auch in renommierten Restaurants in den Golfstaaten in Form von Kamel-Carpaccio oder Kamel-Burger. Die Marke al-Nassma brachte in Dubai die erste Schokolade aus Kamelmilch auf den Markt. Das flüssige Wüstengold enthält wenig gesättigte Fettsäuren, viele Vitamine und Spurenelemente. Es heisst, dass Menschen sie besser vertragen als Kuh- oder Ziegenmilch.
Auch Kamel Ben Salem, ursprünglich aus Süd-Tunesien, verkauft Kamelmilch von seinen Tieren. Er stammt aus einer Beduinenfamilie und lebt in dritter Generation mit den eleganten Riesen. Im Jahr 2000 kam er in die Schweiz, vier Jahre später gründete er « Ben‘s Kamelfarm » in der Zürcher Gemeinde Oberglatt. Dort hält er heute 16 Dromedare und 2 Trampeltiere. «Ohne meine Tiere wäre ich wohl nach Tunesien zurückgekehrt. Sie sind Teil meines Lebens, Teil meiner arabischen Kultur und die Brücke der Sahara zur Schweiz», sagt der Doppelbürger.