Kühlschränke, die Milch nachbestellen. Autos, die selber fahren. Und Uhren, die uns sagen, wann wir essen und zum Arzt gehen sollen. Solche intelligenten Gegenstände sind längst keine Zukunftsmusik mehr. Noch richtet sich das Internet hauptsächlich an den Menschen – mit dem Internet der Dinge soll sich dies jedoch bald grundlegend ändern.
Virtueller Herzschlag
Durch die Einarbeitung immer kleinerer Computer und Sensoren in Alltagsgegenstände beschränkt sich das Internet nicht mehr nur auf menschliche Teilnehmer. Die Dinge selbst erhalten eine virtuelle Repräsentation, können dadurch untereinander kommunizieren und selbständig Aufgaben wahrnehmen. Ziel ist es, die Informationslücke zwischen realer und virtueller Welt zu schliessen.
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Ein aktuelles Beispiel findet sich in der Lancierung der neuen Apple Watch. Eine Uhr, die mittels Herzfrequenzsensor, Beschleunigungssensor, GPS und WLAN des verbundenen iPhones körperliche Aktivitäten misst, diese Daten auswertet und anschliessend Bewegungsziele vorschlägt. Oder die Paketverfolgung, wo der Transportverlauf der Pakete automatisiert erfasst wird und so über entsprechende Websites abgerufen werden kann.
Der Kapitalismus schafft sich selbst ab
Aber auch in der Fahrzeugindustrie und bei Produktionsprozessen spielt das Internet der Dinge zunehmend eine zentrale Rolle. Die automatisierte, mobile Kommunikation und der schnelle Datenaustausch ermöglichen nicht nur eine angenehmere Gestaltung unseres Alltags, sondern auch eine effizientere und kostengünstigere Produktion von Gütern.
Der gefragte amerikanische Soziologe Jeremy Rifkin hat sich in seinem Buch «Die Null-Grenzkosten-Gesellschaft» mit dieser rasanten Weiterentwicklung des Internets auseinandergesetzt. Darin erklärt er, wie sich der Kapitalismus weitgehend selbst abschaffen wird und unsere Gesellschaft den Weg zu einer Share-Economy einschlägt. Die Welle der Technologisierung werde eine Produktivität von solchem Ausmass ermöglichen, dass die Grenzkosten von Gütern und Dienstleistungen beinahe verschwinden.
Industrielle Revolution der Daten
Dieses Phänomen ist schon heute zu beobachten. So spielt es in der Musikindustrie etwa keine Rolle mehr, ob tausend oder eine Million Alben vertrieben werden. Mit dem Internet der Dinge soll sich diese Logik nun auch auf andere Industrien ausbreiten. «Das Internet ist dabei, sich in ein Super-Internet der Dinge zu verwandeln, in dem das Kommunikationsnetz mit Energie- und automatisierten Logistiknetzen zu einem grossen System verbunden wird. Das wird eine dritte industrielle Revolution auslösen», ist Rifkin überzeugt.
Er spricht von riesigen Datenmengen, die zwischen Autos, Büros, Fabriken und Wohnungen hin und her fliessen und für jeden von uns zur Analyse und Verwertung zugänglich sein werden. Eigentum und Besitz werden im Zuge dessen als Werte an Bedeutung verlieren und wir Menschen werden uns zunehmend über das Teilen definieren.
Werden Privatsphäre und Freiheit schwinden?
Was aber sind die Schattenseiten einer derart revolutionären Entwicklung, wie sie Rifkin prophezeit? Die Verschmelzung der realen mit der virtuellen Welt durch das Internet der Dinge wird die Privatsphäre des Einzelnen zusehends verringern. Die eigene Darstellung in dieser öffentlichen Welt der Daten wird existenziell: Daten können falsch weitergegeben, missbraucht und verzerrt werden. Zudem ersetzt die Automatisierung menschliche Erfahrung, Intuition und Wissen durch Statistiken und Wahrscheinlichkeitsberechnungen. Es bleibt zu sehen, ob durch die Machtübernahme der Dinge und Maschinen nicht unsere Freiheit und Kreativität in Gefahr geraten.