Roger Schawinski, ich gratuliere Ihnen ganz herzlich: Einerseits zum 70. Geburtstag, andererseits zum Prix Walo für Ihr Lebenswerk.
Roger Schawinski: Danke. Das eine hat sich schon ein bisschen länger angekündigt als das andere. Aber was da letzten Sonntag passiert ist, war überraschend und deshalb besonders erfreulich.
Sie waren gerührt.
Absolut. Ich war zum ersten Mal an dieser Veranstaltung und man hat mir nichts gesagt. Meine Frau wollte, dass ich mitgehe – und man muss ja machen, was die Frau sagt, auch wenn's einem schwer fällt. Und dann, um halb elf, kam diese Laudatio und ich habe plötzlich bemerkt: Das bin ja ich, die reden über mich. Da kamen die Emotionen wirklich hoch.
Es war nicht irgendein Preis, den Sie erhalten haben: Es war der Preis für Ihr Lebenswerk – als Journalist, Talkmaster und Radiopionier. Wie fühlt sich das an?
Es fühlt sich so an, als ob man bei diesen Preisverleihungen die neuen demografischen Entwicklungen noch nicht berücksichtigt hat, weil: Mit 70 ist man noch voll im Schwung. Ich werde deshalb mit vollem Elan auch diese neue Lebensphase angehen. Und mein Lebenswerk, so glaube ich, ist noch nicht beendet.
Sie haben zweimal das Wort «noch» benutzt. Wenn man 70 ist, ist man offenbar im «Noch»-Alter: Man gehört noch nicht zum alten Eisen, man ist noch fit, man sieht noch gut aus, man möchte immer noch arbeiten, man ist noch interessiert: Wie fühlt sich das an?
Das wird einem so suggeriert und ich lese das auch in den Internetforen und Kommentarspalten: «Der ist ja schon …». Und dann muss man sich für sein Alter rechtfertigen, was ich eigentlich etwas mühselig finde – und auch falsch. Wie sagt man so schön heute: «70 is the new 50.»
Haben Sie das Gefühl, gegen das überkommene Altersbild angehen zu müssen?
Das sollten wir alle. Unsere Generation hat alles anders gemacht: Wir haben die 1968er gebracht, die sexuelle Revolution, die Umweltbewegung. Und wir werden, auch wenn das anderen vielleicht nicht passt, die Altersbilder verändern. Meine Generation – ich gehöre zur ältesten Gruppe der Baby-Boomer, die direkt nach dem Krieg geboren wurde, wird diese Phase mitprägen: Wir sind noch lange nicht weg.
Aber sterben müssen wir trotzdem.
Das müssen wir. Aber wir können uns noch einbringen und wir haben etwas zum Einbringen. Erfahrung ist ein Gut, das man nicht zu klein achten sollte. Wie auch Kontinuität. Jugend ist nicht unbedingt eine Leistung, wie das viele Jugendliche glauben. Eher, wenn man sich einigermassen in Schwung hält, geistig und körperlich noch präsent ist. Dann hat man Leistung erbracht. Und vielleicht denkt man da heutzutage etwas zu wenig daran.