Manche Stadtbewohner verwandeln den Hinterhof in einen Gemüsegarten, andere nehmen Brachen in Beschlag und nennen sich «Guerilla Gardeners», wieder andere haben das Imkern in der Stadt entdeckt, werden zu urbanen Imkern. Ganze Quartiere beschliessen, ihre Dächer mit Solaranlagen zu bestücken, um den Strom lokal zu produzieren; Küchenabfälle werden zentral gesammelt, um daraus städtisches Biogas zu produzieren.
Sendungen zum Artikel
Gold und Silber aus der Kehrrichtverbrennung
Manche Firmen haben erkannt, dass die Stadt ein riesiges Rohstofflager ist, dass man Beton, Eisen, Aluminium und alles, was in der Stadt verbaut ist, wiederverwenden kann. Die Kehrrichtverbrennung Zürich Oberland, die KEZO, geht noch einen Schritt weiter: Sie gewinnt aus der Verbrennungsschlacke Gold, Silber, und andere Metalle zurück.
Die Stadt, darauf verweisen diese Entwicklungen, erfindet sich gerade neu.
Sie wird zum Experimentierfeld für neue Kreisläufe, in der Energie, Nahrungsmittel und Rohstoffe lokal produziert und verwertet werden.
Dachfarmen für die Stadt
Neuerdings tritt ein weiterer Player auf und bietet Lösungen in diesem Feld an – Urbanfarmers, eine Startup-Firma, die eng mit der Zürcher Hochschule für angewandte Wissenschaften zusammenarbeitet.
Urbanfarmers hat auf einem Dach im Basler Dreispitzareal eine Pilotanlage für eine kombinierte Fischzucht plus Gemüseproduktion in Betrieb genommen. Die angewendete Aquaponic-Technologie funktioniert auf dem einfachen Prinzip, wonach das verschmutze Wasser der Fische die Pflanzen im Gewächshaus düngt, und Gemüsepflanzen wiederum reinigen das Wasser für die Fische; auch hier ein Kreislauf.
Andreas Graber, Gründer und Chef Forschung und Entwicklung bei Urbanfarmers, sagt, man könne mit dieser Technologie um ein Mehrfaches an Nahrungsmitteln produzieren, als in einer normalen Fischzucht, und das mitten in der Stadt.
Die Vorteile liegen auf der Hand
Kurze Wege für die Anlieferung statt langer Lastwagenfahrten aus Italien oder Spanien für das Gemüse. Kurze Wege auch für den Fisch, der per Velo an Basler Restaurants ausgeliefert wird, das spart Kosten und CO2.
Die brach liegenden Dächer der Stadt werden genutzt, eine Farm auf dem Dach nimmt die Hitze auf und kühlt das Gebäude darunter, und das Gewächshaus lässt sich gut mit einer Solaranlage kombinieren, weil die Pflanzen (vor allem im Sommer) nicht das ganze Tageslicht brauchen, um zu gedeihen.
Effizientes, konsistentes Denken
Die Urbanfarmers sind keine Stadtromantiker. Für die Urban Gardeners hegen sie zwar Sympathien, aber ihr Modell zielt in eine andere Richtung. Eine möglichst hohe Effizienz, also die bestmögliche Verwertung von Ressourcen ist ihnen wichtig, ebenso der Einsatz allerneuester Technologien – schliesslich soll eine urbane Farm auch gewinnbringend arbeiten können. Entsprechend sieht das Gewächshaus auf dem Dach in Basel auch eher nüchtern und kühl aus, und die Fischzucht erinnert schon fast an Hightech.
Doch darum, letztlich, wird es in der Stadt der Zukunft gehen: um einen effizienten, auf dem neuesten Stand der Technik beruhenden Einsatz von Ressourcen. Smart lautet hier das Zauberwort.
Smart Cities
Smart sollen die Städte der Zukunft sein, und so lassen sich Smart Cities denn auch denken als Städte, in denen alle menschlichen Aktivitäten, von der Mobilität über den Abfall bis hin zum Konsum, als möglichst geschlossene, energieeffiziente Kreisläufe sich abspielen.
Smart Cities werden zwar nie selbstversorgend sein. Aber sie achten darauf, das betont Andy Spörri, Forscher am Institut für Umweltentscheidungen an der ETH Zürich und Senior Researcher bei Ernst Basler und Partner, dass sie ihr Potential voll ausschöpfen: kurze Wege, hohe Dichte, gute Kommunikationswege und effizient genutzte Freiflächen (auf den Dächern). Die Urbanfarmers machen es vor.