Unterschiedliche Arbeitnehmer sind die Gewinnbringer der Unternehmen: Denn sind diese in Bezug auf Geschlecht, Alter, Nationalität und Religion nicht alle gleich, verhelfen sie zu wirtschaftlichem Nutzen. Denn mehr Vielfalt, bedeutet auch mehr Blickwinkel. So die die These des Diversity Managements.
Die Ökonomin Sita Mazumder von der Hochschule Luzern ist Expertin auf diesem Gebiet. Sie hat das Buch «Diversity Management – Erfolg durch Vielfalt» geschrieben. Für sie ist klar, heterogene Gruppen treffen bessere Entscheidungen: «Wenn ich zu einem Thema rund um den Tisch Leute habe, die gleich denken, die sehr homogen sind in der Art und Weise, wie sie leben, wo sie herkommen, dann werden sie sehr schnell zu einem Entscheid kommen. Aber sie werden viele Aspekte nicht in Betracht ziehen. Die Entscheidungen sind dann nicht sehr durchdacht, nicht zielorientiert und somit nicht die besten.»
Kundenbedürfnisse ernst nehmen
Ein Unternehmen, das sich mit Diversity Management beschäftigt, ist der Versicherer AXA Winterthur. Sein Diversity-Schwerpunkt liegt in den Bereichen Familie und Alter. Das hat Gründe, sagt Yvonne Seitz, die den Bereich Diversity und Family Care leitet: «Wir machen das, weil wir der Überzeugung sind, dass unsere Kunden auch sehr divers, sehr verschieden, sind. Wenn wir diese Blickwinkel auch intern haben, dann sind wir sehr viel näher bei den Kundenbedürfnissen. Wenn wir ein Kundensegment ‹junge Familien› haben, dann ist es wichtig zu wissen, was die Leute in dieser Lebensphase als wichtig erachten.»
Die AXA Winterthur fördert Teilzeitarbeit, flexible Arbeitszeiten und bietet Familienberatung an. Älteren Mitarbeitern ermöglicht das Unternehmen eine schrittweise Pensionierung. Damit kommt das Unternehmen den individuellen Lebensumständen der Mitarbeitenden entgegen.
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Auf individuelle Ansprüche eingehen
Einen anderen Schwerpunkt im Diversity Management hat die ABB Schweiz. Hier spielt der Bereich Geschlechterdiversität eine Rolle. ABB Schweiz betreibt 15 Kinderkrippen, zwei Horte und unterstützt die Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Im Zentrum stehen beim Diversity Management vor allem aber die 50 Prozent ausländische Mitarbeiter. Sie und ihre nachgezogenen Familien wollen gefördert und bei der Integration unterstützt werden, erklärt Melanie Kalb, Projektleiterin im Bereich Diversity: «Zum Beispiel kommen fragen wie: ‹Wie bewerbe ich mich in der Schweiz? Wie ist das Schweizer Schulsystem aufgebaut?›»
Aktuell hat man bei der ABB auch die jüngste Generation im Blick. «Man weiss, dass die neue Generation andere Bedürfnisse hat. Das fängt teilweise schon damit an, dass sie sagt: ‹Ich möchte mit dem Anzug zur Arbeit kommen.› Das ist jetzt ein Nebenschauplatz. Es ist wichtig, dass wir auch eine attraktive Arbeitgeberin für die neuen Arbeitskräfte sind.» Ein Unternehmen wie ABB Schweiz betreibt Diversity Management nicht aus sozialromantischen Antrieb. Dahinter stecken handfeste wirtschaftliche Interessen: «Ich glaube, am dem Thema Diversity kommt keiner mehr vorbei. Wenn man die besten Mitarbeiter möchte, muss man mehr bieten als nur ein gutes Gehalt», sagt Melanie Kalb von ABB Schweiz.
Dem Versicherer AXA Winterthur geht es nicht nur darum Talente anzuziehen, sondern diese auch zu behalten, wenn sich private Änderungen ergeben, sagt Yvonne Seitz: «Es ist auch aus Kostensicht interessant, dass wir die Leute, die wir im Unternehmen haben, solange wie möglich behalten können. Wenn eine Familie kommt, wenn jemand ein Gemeinderatsmandat übernehmen möchte, wenn jemand eine Ausbildung machten möchte, ist es wichtig, dass wir die Strukturen bieten, um die Leute im Unternehmen behalten zu können.»
Chancengleichheit als Nebeneffekt
Auch wenn Unternehmen auf die individuellen Bedürfnisse ihrer Mitarbeiter eingehen um einen wirtschaftlichen Erfolg zu erzielen, sind Themen wie Chancengleichheit und Gerechtigkeit beim Diversity Management nicht fehl am Platz, erklärt Sita Mazumder: «Das eine schliesst das andere nicht aus. Wenn ich einen wirtschaftlichen Nutzen damit kombinieren kann, dass auch verschiedene Meinungen einfliessen dürfen, dann habe ich das Fairness-Element auch miteinbezogen. Das ist das Schöne daran: Das Richtige tun ist auch das wirtschaftlich Richtige.»
Das Rezept zum Erfolg scheint einfach: Eine durchmischte Belegschaft bringt wirtschaftlichen Erfolg. So einfach wie es scheint ist es jedoch nicht, erklärt Sita Mazumder: «Wenn es eine heterogene Gruppe gibt, kann es konstruktive Gespräche geben, muss es aber nicht. Deshalb ist es umso wichtiger, das als Firma proaktiv zu unterstützen. Ein sehr junger Mitarbeiter wird nicht automatisch mit einem sehr viel älteren Mitarbeiter kommunizieren und arbeiten können.» Es lohnt sich also für Firmen, ins Diversity Management zu investieren. Aber reine Vielfalt unter den Arbeitern bringt noch nichts – man muss sie als Firma auch richtig handhaben.