Die Biografie der heute 41-jährigen Fleur Pellerin lässt sich wie ein Märchen erzählen. Nicht oft kommt es vor, dass ein Findelkind eine so steile Karriere macht und auf einem Spitzenposten im Pariser Regierungspalast landet.
Brutaler Start ins Leben
Die neue französische Kulturministerin hiess nämlich ursprünglich Kim Jung-Suk, als sie in Seoul auf die Welt kam. Ihr Start ins Leben war denkbar brutal und schwer. Wenige Tage nach ihrer Geburt wurde sie auf der Strasse ausgesetzt und kam in ein Waisenhaus.
Als sechs Monate altes Baby aber wurde sie dann von einer französischen Familie aus einem Pariser Vorort adoptiert. Sie erhielt ihren neuen Namen und gleichsam eine zweite Chance.
Strebsame Schülerin
In ihrer Schulzeit in Versailles erwies sie sich rasch als äusserst intelligent und strebsam. Mit erst 16 Jahren schloss sie die zweisprachige deutsch-französische Mittelschule von Buc mit dem Abitur ab. Mit 21 hatte sie das Diplom der Handelshochschule ESSEC im Sack und setzte danach voller Ehrgeiz das Studium in Frankreichs renommiertesten Eliteschulen fort: am Pariser Institut für politische Wissenschaften und an der Verwaltungshochschule ENA.
Steile Karriere
Sie begann ihre berufliche Laufbahn als Spitzenbeamtin am Obersten Rechnungshof. Zu ihren ersten Aufgaben gehörte es, die Budgets der Kultur und der Medien zu kontrollieren. Diese Erfahrung mit den Finanznöten und Fehlinvestitionen im Dschungel des französischen Kulturbetriebs dürfte ihr heute bestimmt sehr zugutekommen.
Der Streit um Kulturkredite spitzt sich in Krisenzeiten zu. Ein besonders kompliziertes Dossier auf ihrem Pult ist der seit Jahren andauernde Konflikt um den Sonderstatus der temporär Tätigen in Kulturproduktionen (Intermittents du spectacle) in der Arbeitslosenversicherung.
Keine Berufspolitikerin
Pellerin setzt auf ihre bereits legendäre «Zen-Attitüde». Sie weiss, dass sie auf Eiern geht. Die Streiks während des Festivalsommers haben zum Rücktritt ihrer Vorgängerin Aurélie Filippetti geführt.
Pellerin ist nicht nur wegen ihrer Herkunft eine Ausnahmeerscheinung. Sie ist im Unterschied zu den allermeisten Kollegen und Kolleginnen im Kabinett keine Berufspolitikerin. In Frankreich gilt es häufig noch als Nachteil oder Makel, wenn ein Regierungsmitglied wie sie nie für ein Wahlmandat kandidiert hat.
Erst 2006 ist sie der Sozialistischen Partei von Hollande beigetreten. Aber was sie nicht in politischen Hahnenkämpfen bei Wahlen gelernt hat, bringt sie mit aus anderen Bereichen: Pellerin war Ministerin für Klein- und Mittelbetriebe, für die Innovation und die digitale Wirtschaft, für den Aussenhandel und den Tourismus.
Zickenkrieg
Weniger als Kindermärchen, sondern eher als Geschichte einer gelungenen Revanche schildern die französischen Medien ihre Ernennung zur Kulturministerin.
Bei der Förderung der Online-Unternehmen war die anglofone, anglophile und kosmopolitische «Geek» Pellerin mehrfach in Konflikt mit der traditionellen Kulturministerin Filippetti geraten. Genauso mit dem dem auf Wirtschaftspatriotismus pochenden Ex-Minister Arnaud Montebourg.
Beim Filmfestival von Cannes im Mai wollte Filippetti keinesfalls, dass die elegante Aussenhandelsministerin an ihrer Seite auf dem roten Teppich die berühmte Treppe zum Festivalpalast erklimmt. Jetzt ging es für Pellerin in Paris ein paar Stufen höher hinauf, für die neidische Filippetti aber führte der Weg zum Notausgang.