Zum Glück hat der Praktikant Fabio Testi in der Folge «Fünf Minuten Glück» der Serie «Der Bestatter» einen japanischen Urgrossvater in seiner Ahnenreihe. Daher versteht der Schweizer sofort, warum die Japanerin Ayumi Oshima ihren verstorbenen Vater möglichst schnell verbrennen lassen will. «Das ist wegen Kegare, also ritueller Verunreinigung», erläutert Fabio seinem Meister Luc Conrad.
Geld für die Überfahrt
Das heisst: Der tote Körper muss so bald wie möglich aus dem Bereich der Lebenden verschwinden. In Japan ist für das Leben die Naturreligion Shinto «zuständig» und der Buddhismus für den Tod. Die Bestattung wird als «Reise» vom Diesseits zum Jenseits verstanden. Die «Reinigung» geschieht dadurch, dass der Verstorbene symbolisch zum Mönch geweiht wird. Damit wird er rein und lässt sich als Ahne verehren.
«Der Kopf muss nach Norden ausgerichtet sein», erklärt Assistent Fabio. Auch Buddha ist mit dem Kopf nach Norden gestorben. Diese Lage ist daher beim normalen Schlafen in Japan tabu. Der Kopf des Toten wird mit einem Rasiermesser als Zeichen für eine Mönch-Tonsur berührt. Ein buddhistischer Priester gibt dem Verstorbenen einen neuen Namen und schreibt diesen Kaimyo auf eine kleine Tafel.
«Sonst kommt der Tote jedesmal zurück, wenn man den alten Namen ausspricht», weiss Fabio. Dem Toten im Sarg werden sechs Münzen auf die Brust gelegt, damit er die Fähre über den Fluss der Unterwelt bezahlen kann. Manchmal bekommt die Leiche auch einen Wanderstab in den Sarg gelegt.
Gerissenes Gewand
Ein weisser Kimono, der typisch für Pilger ist, dient als Leichengewand. «Der Stoff für den Kimono darf nicht mit einer Schere geschnitten sein, aber wie soll das gehen?», fragt Lara, die Geliebte des verstorbenen Japaners. Tochter Ayumi kennt die Antwort: «Reissen!» Der Grund: Die Kleidung der Toten soll auf andere Weise hergestellt worden sein als für die Lebenden. Also werden Faden-Enden nicht vernäht, die Stiche bleiben sichtbar, das Gewand hat keinen Kragen.
Die dreieckige Stirnbinde ist typisch für die Darstellung von Totengeistern. Bei der Trauerfeier übergeben die Gäste in einem Umschlag Geld «für Räucherstäbchen» und beteiligen sich so an den Kosten der teuren Bestattung. Der Tote wird in den Sarg gelegt und der Deckel zugenagelt. Dabei klopfen die Gäste mit einem Stein auf einen der Sargnägel, um sich an dieser Trennung vom toten Körper zu beteiligen.
Bitte nicht berühren!
Eine wichtige Besonderheit hat Bestatter Conrad bei der Einäscherung zu beachten. «Wir müssen im Krematorium Bescheid sagen, dass sie den Ofen nicht zu heiss machen», fordert Fabio. Das Feuer darf auch nicht zu lange brennen. Denn nur so bleiben genug Knochenreste für das letzte Ritual übrig. Verwandte und Freunde nehmen die Stücke nämlich mit langen Bambusstäbchen aus der Asche und stecken sie in die Urne.
Dabei werden die Knochen mit den Stäbchen untereinander weitergereicht. Daraus resultiert das japanische Tabu, dass sich die Stäbchen beim gemeinsamen Essen nicht berühren dürfen. Die Urne steht 49 Tage auf den Hausaltar und wird dann auf dem Friedhof beigesetzt.