Der Islam macht keine Unterschiede zwischen religiösen und säkularen Sphären – er deckt alle Lebensbereiche der Menschen ab. Deshalb sind im Koran, in der zentralen heiligen Schrift der Muslime, auch zahlreiche Anweisungen über das Wirtschaften aufgeführt. Besonders häufig wird das Zinsverbot erwähnt, wie beispielsweise in Sure 3, Vers 130:
«O die ihr glaubt, verschlinget nicht Zins, der (die Schuld) übermässig mehrt; und fürchtet Allah, auf dass ihr Erfolg habt.»
«Riba», wie das Zinsverbot auch genannt wird, ist eine der wichtigsten Vorgaben beim islamischen Wirtschaften. An Riba halten sich sowohl Banken wie auch sonstige Geschäftspartner untereinander, denn jedes Vermehren von Geld durch Geld ist «haram», also verboten. Weder von Muslimen noch von Nichtmuslimen darf auf Geld oder Ware Zins verlangt werden.
Spekulation verhindern
Ein weiteres wichtiges Gebot des islamischen Wirtschaftens ist das Verbot von Spekulation. Jedes unsichere Geschäft, insbesondere Börsenspekulationen, ist untersagt. Als anschauliches Beispiel dient der Verkauf von noch nicht gefangenen Fischen: Vereinbaren Käufer und Verkäufer einen festen Preis für Fische, die noch im Meer schwimmen, spekulieren sie über einen noch ausstehenden Fang. Dieser Handel fällt unter das Verbot («Gharar»), denn es ist unklar, ob der Fischer die Fische jemals fängt. Das macht das auch Handeln mit Lebensversicherungen, wie wir sie in Europa kennen, problematisch.
Das islamische Wirtschaftssystem kennt aber noch weitere Einschränkungen: Verboten sind Glücksspiele, Investitionen in Alkoholgeschäfte, der Handel mit Schweinefleisch, Prostitution oder Pornografie.
Handel zwischen Partnern
Trotz Einschränkungen und dem strikten Zinsverbot erwirtschaften Unternehmen, die mit dem Islam konform sind, Gewinne. Der Handel findet aber nicht zwischen Bittsteller und Kreditgeber statt, sondern zwischen Partnern. Banken beispielsweise beteiligen sich direkt am Geschäft und tragen damit auch das Risiko von Verlusten mit. Umgekehrt verdienen sie, wenn das Geschäft gut läuft und der Handelspartner seine Raten abbezahlen kann. Spekulation ist somit nicht nur verboten, sondern gänzlich uninteressant.
Damit sich Banken an die islamischen Vorschriften halten, werden sie von einem so genannten Scharia-Board, einem religiösen Beirat aus rechtskundigen Gelehrten, beraten und kontrolliert. Das Scharia-Board zertifiziert mit seinem Gutachten die Produkte der Finanzinstitute, die damit «halal» und gestattet sind.
Spenden als religiöse Pflicht
Ethisches Handeln wird aber nicht nur der Finanz- und Handelswelt auferlegt, es gehört zum Muslim-sein. Die sozial-religiöse Abgabe «Zakat» ist eine der fünf Säulen des Islam. Sie ist keine freiwillige Spende, kein Almosen und auch keine Steuer. Sie ist eine Pflicht für jede Muslimin, für jeden Muslim.
Arme und Bedürftige werden unterstützt, dabei gilt «Zakat» eben nicht als Mildtätigkeit, sondern als ein legitimer Anspruch der Armen und Mittellosen. Der «Zakat» beträgt 1/40 vom jährlichen Überschuss und untersteht der Eigenverantwortung jedes Einzelnen. Eine Kontrolle darüber gibt es nicht.