Die Kulturambulanz kommt in der Regel bei kurzen und schnellen Aktionen zum Einsatz. Wie vor zwei Jahren, als das nationale Wissenschaftsinstitut auf dem Tahrir-Platz von einem verirrten Molotow-Cocktail getroffen wurde und in Flammen aufging. Damit jene Dokumente, die das Feuer ganz oder teilweise überstanden hatten, sofort gerettet werden konnten, brauchte es eine Vakuummaschine.
Noch am gleichen Tag rief die Institutsleitung den Prins-Claus-Fonds in Amsterdam an und bat um finanzielle Hilfe. «Wir haben das Geld für die Maschinen innerhalb von 24 Stunden überwiesen», erzählt Präsidentin Christa Meindersma.
Geheime Hilfsaktion für Bibliothek
Ein anderes Beispiel für die Arbeit der einzigartigen Kultursoforthilfe sind die Bestände der Bibliotheken von Timbuktu. Diese konnten dank einer geheimen Operation vor den islamistischen Rebellen gerettet werden. Nun befinden sie sich an einem sicheren Ort. Auch dieser Hilfseinsatz wurde aus dem Fonds des kulturellen Notprogramms, dem Cultural Emergency Response Programme des Prins-Claus-Fons, finanziert.
Es sind übrigens immer die einheimischen Kulturverantwortlichen, die bestimmen, welche Soforthilfe wann und wo nötig ist. Die Stiftungsmitarbeiter in den Niederlanden begutachten lediglich das Budget und stellen, wenn sie damit einverstanden sind, das Geld zur Verfügung. Diese direkte Vorgehensweise habe den Vorteil, dass sie kaum mit Korruption konfrontiert würden, weil Zwischenpersonen praktisch ausgeschaltet werden könnten, sagt Stiftungspräsidentin Meindersma.
Nach der Soforthilfe übernehmen andere
Sobald die erste Nothilfe, die in den meisten Fällen nicht mehr als 35'000 Euro beträgt, geleistet ist, zieht sich der Prins-Claus-Fonds zurück. Dann übernehmen andere Organisationen wie etwa der Global Heritage Fund oder der World Monuments Fund die Aufbau- und Restaurationsarbeiten.
Manchmal helfen aber auch ausländische Kommunen, wie das Beispiel aus Haiti zeigt: Nach dem Erdbeben im Jahr 2010 hat ein einheimischer Bibliothekar mit seinem Team und mit Geld aus dem kulturellen Nothilfefonds verschiedene Archive gerettet. Nun engagiert sich die Stadt Genf finanziell und hilft mit beim Aufbau eines Behandlungszentrums für die geretteten Dokumente. Meindersma lobt dieses Engagement, zumal dort in nächster Zeit 250 Haitianerinnen und Haitianer ausgebildet würden und lernen, wie Dokumente zukunftsbeständig konserviert werden müssen.
Zerstörte Buddha-Bilder als Auslöser
Die Idee zur Gründung dieser rund um den Globus tätigen Kulturambulanz der niederländischen Stiftung ist 2001 entstanden. Damals lösten die durch die Taliban zerstörten Buddha-Bilder im Bamiyan-Tal weltweite Entrüstung aus. Auch bei den 15 Menschen, die in Amsterdam für den Prins-Claus-Fonds arbeiten.
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Inzwischen blickt der Fonds auf zehn erfolgreiche Jahre zurück: Insgesamt 180 mal wurde er in dieser Zeit zu Hilfe gerufen. Sei es, um durch Erdbeben zerstörte Klöster im Himalaya-Gebirge, überschwemmte Büchersammlungen in China oder kriegsversehrte Lehmhütten in Jemen zu retten – immer fanden die lokalen Kulturverantwortlichen den Weg nach Amsterdam.
Der Prinz und die Kultur
Dies ist ganz im Sinne von Prins Claus, dem verstorbenen Vater von König Willem-Alexander. Dieser war viele Jahre als Berater im Haager Entwicklungshilfeministerium tätig. 1996 bekam er von der Regierung als Geschenk zu seinem 70. Geburtstag einen nach ihm benannten Fonds für Kultur und Entwicklung in Afrika – für den Prinzen war klar, dass das eine nicht ohne das andere gibt.
Der Fonds wird bis heute nach Claus' Prinzipien verwaltet, inzwischen aber weltweit eingesetzt. Die Gründung des kulturellen Nothilfefonds hat Prins Claus nicht mehr erlebt. Aber er wäre zweifellos stolz gewesen auf diese niederländische Errungenschaft, die bis heute keine Nachahmer gefunden hat.