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Postkarte von Papst Johannes Paul II.
Legende: Am 27. April 2014 in den Kreis der Heiliggesprochenen aufgenommen: Papst Johannes Paul II. Keystone

Gesellschaft & Religion Wie werde ich heilig?

Heilige sind wie Gott zum Anfassen. Sie werden weltweit verehrt. 993 sprach Papst Johannes XV. die erste Persönlichkeit heilig. Zwischenzeitlich hat die katholische Kirche ein ordentliches Verfahren für die Heiligsprechung entwickelt, das Wunder und Tugenden minutiös überprüft.

1. Selig

Damit ein toter Katholik heiliggesprochen werden kann, muss er zwingend selig sein.

2. Martyrium oder Wunder

Die Persönlichkeit muss zwei Wunder vollbracht haben: eines für die Selig- und ein weiteres für die Heiligsprechung. Kein Mirakel ist bei Märtyrern notwendig – bei Personen also, die für ihren Glauben gestorben sind. Die Kirche versteht ein Wunder als das göttliche Eingreifen in die sichtbare Welt.

3. Antrag

Ein Orden, ein Bistum oder eine private Gruppe stellt einen Antrag für ein Heiligsprechungs-Verfahren. Die Kanonisierungskongregation, die sich aus mehr als hundert Bischöfen, Beratern und Kardinälen zusammensetzt, leitet die Prüfung. Sie berät den Papst in Angelegenheiten von Heilig- und Seligsprechungen und ist für die Beglaubigung und Aufbewahrung heiliger Reliquien verantwortlich.

4. Prüfung

Das vollzogene Wunder muss wissenschaftlich unerklärbar sein. Bei einem Heilungswunder untersuchen mehrere Wissenschaftler den Vorgang, studieren den Krankheitsverlauf und vernehmen Zeugen ein. Bei einer historischen Persönlichkeit werden Historiker beigezogen. Unabhängige Theologen untersuchen, ob vor dem Mirakel ein aufrichtiges und gezieltes Gebet stattgefunden hat.

5. Kirchenanwalt

Sind alle Belege und Argumente für die Heiligsprechung zusammengetragen, fechtet in einer letzten Instanz ein Förderer der Gerechtigkeit, Promotor lustitiae, diese an. Die Fürsprecher, Advocati Dei, müssen seine Ausführungen widerlegen können. Stimmen mindestens zwei Drittel der versammelten Theologen für die Heiligsprechung, liegt der letzte Entscheid beim Papst.

6. Liturgische Feier

Willigt der Papst ein, folgt eine liturgische Feier. Während dieser wird der Tote in das Martyrologium, das «Verzeichnis der Heiligen», eingetragen.

7. Dauer des Verfahrens

Normalerweise müssen mehrere Jahre seit dem Ableben des künftigen Heiligen vergangen sein. Erst dann kann ein Kanonisierungsverfahren aufgenommen werden, das Jahrzehnte dauern kann.

8. Kosten

Für die Unkosten des Verfahrens kommt der Antragssteller auf. Diese belaufen sich auf rund 50 000 Euro, die sich aus Gebühren der Kongregation, Honorare für Anwalt, Gutachter und Zeugen sowie den Kosten für die Dekoration während der Feierlichkeit zusammensetzen.

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