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Christliche Migration: Herausforderung für das Kirchenvolk
Aus Sternstunde Religion vom 12.01.2020.
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Glaube und Gemeinschaft «Migrationskirchen bieten Halt und Sicherheit»

Wo Gottesdienst feiern, wenn man kein Deutsch spricht? Manche christliche Migrantinnen und Migranten suchen in der Schweiz einen Ort, an dem sie ihren Glauben in einer Gemeinschaft ausüben können.

Diese Möglichkeit finden sie in den Migrationskirchen. Dinah Hess, die Leiterin des Zentrums für Migrationskirchen in Zürich, über Stätten, die mehr bieten als Gottesdienste in der Muttersprache.

Dinah Hess

Dinah Hess

reformierte Pfarrerin

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Dinah Hess leitet das Zentrum für Migrationskirchen in Zürich. Dieses vereint acht Kirchen und 500 Christinnen und Christen aus 35 Nationen. Darüber hinaus koordiniert sie weitere Migrationskirchen in der Umgebung, von denen es über 60 gibt.

SRF: Was schätzen Sie selbst bei den Migrationskirchen in Ihrem Zentrum am meisten?

Dinah Hess: Die Offenheit, mit der über Glaube, Spiritualität und Gott gesprochen wird. Leider wird diese Art des Sprechens über den Glauben zu oft als missionierend abgetan. Glaube und Religion werden in vielen Kulturen in der Öffentlichkeit gelebt.

Ich schätze das Engagement der Menschen in Migrationskirchen für ihre kirchliche Gemeinschaft. Sie integrieren Menschen, die ansonsten wenig am gesellschaftlichen Leben partizipieren können – Sans-Papiers, Working-Poor, Asylsuchende, Geflüchtete – und leisten wichtige Integrationsarbeit.

Menschen mit Migrationshintergrund leiden unter Traumata. Hinzu kommen frustrierende Erlebnisse beim Versuch sich zu integrieren. Migrationskirchen können Menschen auffangen und ihnen sinnvolle Tätigkeiten und eine verständnisvolle Community bieten.

Wie ist es, an einem Gottesdienst teilzunehmen, dessen Sprache man nicht versteht?

Ich kann in einem Gottesdienst, der tamilisch oder amharisch gehalten ist, selbstverständlich mitbeten. Ich kann mein Gebet auf meine Sprache sprechen. Wann gebetet wird, verstehe ich auch ohne Sprachkenntnisse anhand der Haltung und der Gesten der Leute.

So werde ich manchmal auch von Gott berührt, ohne ein Wort zu verstehen. Gottesdienst feiern, beten, singen, auf Gottes Wort hören: Das passiert auf einer individuellen Ebene. Bekannte Lieder, Gebete, Rituale können helfen, bewirken aber nicht zwingend etwas.

Welche Werte oder Leitvorstellungen sind für Sie für eine Zusammenarbeit unumstösslich?

Manche Kirchen veranstalten Heiligungsgottesdienste mit Dämonenaustreibung. Weswegen sollte ich das verbieten oder missbilligen?

Natürlich ist es nicht immer leicht zu sagen, ob solche Praktiken positive oder negative Folgen für die Gläubigen haben. Doch wenn eine Person überzeugt an Geister glaubt, kann ich ihr diesen Glauben nicht absprechen.

Weil Gott nicht durch Träume mit mir spricht, kann ich nicht sagen, er spricht nie durch Träume. Theologie und kirchliche Praxis sind in jedem Fall durch Kultur geprägt. Darum sind sie auch nicht auf eine Kultur oder Theologie festgelegt.

Was würden Sie als den gemeinsamen Nenner beschreiben, der die Migrationskirchen vereint?

Als das Zentrum gegründet wurde, wollten die Verantwortlichen bewusst vorerst «nur» evangelische Kirchen zusammenbringen. Das Feiern des Abendmahls ist wichtig und sollte kein Grund sein, keine gemeinsamen Gottesdienste zu feiern.

Konfessionell sind also alle Kirchen evangelisch. Daneben sind die Kirchen kulturell und sprachlich sehr divers. Gemeinsam haben sie sicher alle die Motivation, für ihre Mitglieder eine Kirche zu sein, die Halt und Sicherheit gibt. Gerade weil Migrationsgeschichte oft von viel Unsicherheit geprägt ist.

Das Gespräch führte Isabel Käslin.

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