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Wer steht am Operationstisch?
Aus Kultur Extras vom 20.03.2017.
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Strassenumfrage Haben wir Schweizer* ein Problem?

Der Vater stirbt bei einem Unfall, der Sohn kommt in den OP. Dort heisst es: «Ich kann meinen Sohn nicht operieren!». Wer steht am OP-Tisch? Eine nur scheinbar einfache Frage.

Worum geht’s?

Wie sieht ein Team im Krankenhaus in der Regel aus? Vielleicht so: Die Krankenschwestern sind Frauen – ok, es gibt einige wenige Pfleger. Dann Assistenzärzte, ein paar Ärztinnen, jedoch wesentlich mehr Ärzte und ein Chefarzt.

Genau zu diesem Rollenverständnis geht in England zur Zeit ein Video viral. Passanten sollen folgendes Rätsel lösen:

Ein Kind fährt mit seinem Vater im Auto. Sie haben einen Unfall. Der Vater stirbt. Der Junge kommt ins Krankenhaus. «Ich kann den Jungen nicht operieren – es ist mein Sohn», heisst es plötzlich aus OP. Wer spricht dort?

Das Resultat hat eine Debatte in den Kommentarspalten ausgelöst, denn: Die meisten Passanten im Video vermuten einen Mann am OP-Tisch, obwohl es im Rätsel heisst, der Vater sei gestorben.

Warum ist’s interessant?

Sendungshinweis

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Die junge Feministin Laurie Penny spricht in der Sternstunde Philosophie über den alltäglichen Sexismus, der uns begegnet. Ihre Analyse ist radikal, aber lebensnah.

Die meisten Kommentatoren streiten sich um einen Punkt: Sind die Rollenklischees so stark verankert im Kopf oder liegt es an der Formulierung, die einen Arzt suggeriert. Denn im Rätsel kommen vor allem männliche Stichworte vor: Der Junge, der Sohn, der Vater.

Die einen argumentieren damit, dass die Formulierung darauf abziele in die Geschlechterfalle zu tappen. Einen Mann am OP-Tisch zu vermuten, sei eine normale Assoziationskette. Die Gegenseite ist überzeugt: In den meisten Köpfen sind Operierende immer Männer. Also, ein klarer Fall von Frauendiskriminierung.

Doch wie lösen SchweizerInnen das Rätsel? Im Univiertel von Basel sehen mehr als die Hälfte der Befragten einen Mann am OP-Tisch – darunter auch angehende Ärztinnen. Haben Schweizer Passanten also kein Genderproblem, sondern eher eines mit Rätseln?

Das sagt die Statistik

Die Zahlen des Bundesamts für Statistik bestätigen das konservative Rollenbild nur bedingt: Ja, im Krankenhaus arbeiten die meisten Frauen in der Pflege. Pfleger sind eine kleine Minderheit. Jedoch ist das Geschlechter-Gleichgewicht unter Spital-Ärzten fast ausgeglichen. Hierarchische Unterschiede unter den Ärzten und Ärztinnen wurden nicht berücksichtigt.

Ärzte:

47.40% Frauen

52.60% Männer

Pflegekräfte:

82.99% Frauen

17.01% Männer

(Quelle: Bundesamt für Statistik, 2016)

Tabelle mit roten und grünen Balken.
Legende: Es arbeiten mehr Frauen als Männer in der Pflege, doch unter Ärzten ist das Geschlechterverhältnis fast ausgeglichen. BFS, Neuchâtel, 2016.

Sendung: SRF 1, Sternstunde Philosophie, 19.03.2017, 11:00 Uhr.

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