Wenn Yuval Harari spricht, kommen die Menschen in Scharen – 3000 waren es am Mittwoch Abend in der ETH Lausanne. Hararis Referat wurde gefilmt und in den sozialen Medien geteilt.
Der Historiker und Bestseller-Autor zeigt gleich, warum er so viele Anhänger hat: Er kann komplexe Themen verständlich herunterbrechen.
Harari erklärt: Wir Menschen seien heute hackbar geworden – und zwar durch eine Kombination zwischen Biotechnologie, neuartiger Rechenkapazität und Big Data. Die Algorithmen verstünden uns heute besser als wir selber – «und sagen unsere Entscheidungen nicht nur voraus, sondern beeinflussen sie auch», so Harari.
Wettrüsten zwischen China und den USA?
Der freie Wille werde so zur Illusion – mit drastischen Folgen: «Die Gesellschaft könnte durch den technologischen Wandel so ungleich werden wie nie zuvor», sagt Harari – damit gefährde die technologische Revolution die Menschheit.
Ein Beispiel: Ein Lastwagenfahrer könnte in einigen Jahrzehnten überflüssig werden, da der Lastwagen selber fährt. Einer grossen Gruppe von Arbeitnehmern droht damit ein hartes Schicksal: Sie verlieren ihre Bedeutung auf dem Arbeitsmarkt und werden von denen beherrscht, die den technologischen Schnellzug nicht verpasst haben.
Das ist aber nicht die einzige Gefahr der neuen Technologien – Harari befürchtet, dass es zu einem Wettrüsten kommen könnte, gerade zwischen den USA und China. «Wenn eine Nation die Technologie von genetisch veränderten Menschen vorantreibt, stehen andere unter Druck, dasselbe zu tun, um nicht in Rückstand zu geraten», sagt er.
Alleine geht nichts
Deshalb warnt Harari eindringlich davor, die neuen Technologien auf der politischen Agenda zu vernachlässigen: Diese seien viel wichtiger als die heutigen Hauptthmen wie Einwanderung und freier Handel. Denn: «Die neuen Technologien und der Klimawandel sind bedrohlich für die Existenz der Menschheit.»
Yuval Harari will mit seinen Vorträgen und Büchern Gesellschaft und Politik wachrütteln und macht deutlich: Alleine geht nichts, auch für die Schweiz nicht, obwohl sie weit vorne mitmische bei den Technologien. Denn: «Kein Land kann die gesamte Forschung der Welt kontrollieren».
Deshalb sei eine internationale Zusammenarbeit notwendig – eine Verständigung in der Welt darauf, wie mit Bio- und Informationstechnologien umzugehen sei. Dafür ist es nicht zu spät, so Harari.
Auch das Wettrüsten mit Atomwaffen habe nicht zur Katastrophe geführt, sagt der Historiker. Aber: Die Länder müssten rasch zusammenarbeiten, um das Schlimmste zu verhindern.
Mit seinen Vorträgen reist Yuval Harari in die verschiedensten Länder und will damit wie auch mit seinen Büchern die Gesellschaft und die Politik wachrütteln. Es brauche eine öffentliche Debatte, sagte er am Ende seines Referates in Lausanne.