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Highlights der Moderierenden 30 Jahre «Sternstunden»: Diese Gespräche bleiben unvergesslich

Sich Zeit nehmen für Gespräche in einer Welt, die immer schnelllebiger wird: Das war und ist die Idee hinter der Sendung «Sternstunden», die am 28. August 1994 erstmals ausgestrahlt wurde. Zum 30-jährigen Bestehen haben aktuelle und ehemalige Moderierende persönliche Highlights ausgewählt.

Eva Illouz über Liebe

Barbara Bleisch: Die schönsten Gespräche sind die, die auf Fortsetzung drängen. So etwa jenes von 2014 mit der französisch-israelischen Soziologin Eva Illouz, die unsere Liebesverhältnisse im Zeitalter des Kapitalismus mit scharfem Blick seziert. Das Gespräch endete überraschend: Auf die Frage, wie es ihr gelinge, neben ihrer Karriere eine glückliche Ehe zu führen, antwortete sie, sie sei glücklich geschieden. Der Titel ihres nächsten Buches war damit fast angekündigt. Es hiess «Warum Liebe endet». 2019 traf ich Illouz erneut zum Gespräch . Ich hoffe, es war nicht das letzte Mal.

Wolfram Gössling über Hoffnung

Olivia Röllin: Einer Sache bin ich mir gewiss: Ich fürchte mich vor dem Tod. 2023 begegnete ich einem Menschen, der ihm zweimal ins Gesicht blickte und mir stoisch davon berichtete: Wolfram Gössling. Zweimal erhielt er die Diagnose Krebs. In seinem Fall ein so seltener und aggressiver, dass die Überlebenschancen auf 4 Prozent geschätzt werden. Nie habe ich einen Menschen getroffen, der eine solche Willenskraft ausstrahlte und gleichzeitig eine solche Gefasstheit, Ruhe und Demut. Nach der Sendung haben wir uns lange in der Garderobe unterhalten und ich habe verstanden: Die Hoffnung stirbt nie, auch nicht zuletzt.

Dalai Lama über das Leben

Erwin Koller: 1997 brachte Martin Scorsese den Film «Kundun» heraus. Er erzählt das Leben des jungen Dalai Lama von seiner Auserwählung als Wiedergeburt bis zur Flucht nach Indien. Bald darauf konnte ich ein Gespräch mit dem Dalai Lama machen und fragte ihn: «Was macht der Film über Sie mit Ihnen? Wie werden Sie mit den Erwartungen fertig?» Er stutzte, lachte lange und sagte: «Oh, that’s not my problem, that’s their problem!» Das befreiende Lachen hallt in mir nach. Etwa wenn Religionsführer, Politikerinnen, Kulturtäter oder Journalistinnen sich aufplustern im Fernsehen.

Lisa Eckhart über Humor

Yves Bossart: Ich war ganz schön nervös vor dem Gespräch mit Lisa Eckhart. Die Kabarettistin ist äusserst schlagfertig und liebt die Provokation. Dann aber kam sie vor der Sendung lächelnd auf mich zu, mit ihrem halbjährigen Baby auf dem Arm. Wir plauderten in der Garderobe, während sie ihr Kind stillte. Die Überheblichkeit ihrer Bühnenfigur war weit weg. Ich ging ins Studio, sie in die Maske. Kurz darauf erschien Lisa Eckart im Studio: ganz verwandelt, ganz in ihrer Rolle, hochnäsig und voller Schalk. Das Gespräch war wundervoll. Ohne die Begegnung in der Garderobe wäre alles ganz anders gewesen.

Bruno Manser über Gerechtigkeit 

Brigitta Rotach: «Echtheit, Lebensnähe und Wahrheit», antwortete Bruno Manser lachend auf die erste Frage, was er suche. Sechs Jahre lebte er in Borneo mit den Penan wie im Paradies: ohne Hierarchie, Geld und Gewalt. Aufgrund der drohenden Urwaldrodungen wurde Bruno Manser politisch aktiv. Im Gespräch mit ihm verflog die Sendezeit im Nu. Überrascht von der letzten Frage streckte er plötzlich eine Zeitung mit Bildern von Billig-Möbeln vor die nächste Kamera und hielt ein flammendes Plädoyer gegen den Kauf von Tropenholzprodukten. Zu meiner Freude wurde dieser lange Schluss nicht weggeschnitten. Es war meine letzte Begegnung mit Bruno Manser, der drei Jahre später im Urwald verschwand.

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SRF 1, Sternstunde der Nacht, 25.8.2024, 21:10 Uhr ; 

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