«Bijou», das schmucke Hotel, das war einmal. Das Grand Hotel «Bijou» gleich beim Bahnhof Locarno war nicht nur Geburtsstädte des Festivals und Treffpunkt für Filmfans. Es war auch ein Zentrum für internationale Kongresse. Heute zerfällt das geschichtsträchtige Gebäude, das im Besitz einer Tessiner Familie ist.
Ein trauriger Zustand. Das findet auch der Bürgermeister von Muralto, der Gemeinde, in der das ehrwürdige Haus steht. Die Gemeinde habe sich wirklich bemüht, eine Investition so attraktiv wie möglich zu gestalten, sagt Stefano Gilardi. Aber alle Investoren würden abspringen.
-
Bild 1 von 8. Blick in die Rezeption: Früher die Postfächer der Gäste, heute der Werkzeugkasten des Abwarts. Bildquelle: SRF/Christian Schaub.
-
Bild 2 von 8. «The Shining» lässt grüssen: Die leeren Hotelgänge muten gespenstisch an, nur der Kronleuchter im Hintergrund strahlt in der Dunkelheit. Bildquelle: SRF/Christian Schaub.
-
Bild 3 von 8. Der weltweit grösste Murano-Leuchter ist stummer Zeuge einer vergangenen Ära: Rund 12 Meter lang und über 2,5 Millionen Franken wert, hängt er noch immer im Treppenhaus des Grand Hotels. Bildquelle: SRF/Christian Schaub.
-
Bild 4 von 8. Doch das ein oder andere Stück hätte eine Reinigung dringend nötig. Bildquelle: SRF/Christian Schaub.
-
Bild 5 von 8. Einst wurden hier Gala-Dinners abgehalten, heute dient der mondäne Saal als Stauraum für übrig gebliebenes Hotel-Inventar. Bildquelle: SRF/Christian Schaub.
-
Bild 6 von 8. Draussen holt sich die Natur allmählich ihren Platz zurück. Ob auf der Terrasse ... Bildquelle: SRF/Christian Schaub.
-
Bild 7 von 8. ... oder beim Eingang ins Gartenrestaurant. Bildquelle: SRF/Christian Schaub.
-
Bild 8 von 8. Hier wurden vor zehn Jahren noch Tennis-Matchs ausgetragen. Heute wachsen hier Blumen, Gebüsch und sogar Bäume. Bildquelle: SRF/Christian Schaub.
Das Hotel lockt Gesindel an
«Dazu kommt, dass der Leerstand uns Sorgen macht, weil er potentielles Gesindel anlockt, das sich im Park herumtreibt. Wir hoffen wirklich, dass bald ein Investor auftaucht und das Hotel saniert», sagt Bürgermeister Stefano Gilardi.
Den Grund für den Zerfall des Hauses sieht der Tessiner Luxus-Immobilienspezialist Ueli Schnorf vor allem im Preis: «Offenbar sind 21 Millionen Franken zu hoch angesetzt». Zumal Dutzende Millionen zusätzlich investiert werden müssten, um das Hotel wieder herzurichten.
Ein Baum steht im Weg
Der Immobilienspezialist sieht aber auch die Politik als Hemmschuh. Die teils rigiden politischen Vorgaben würden alle Investoren vertreiben. So habe beispielsweise ein alter grosser Baum, der nicht gefällt werden dürfte, ein konkretes Umbau-Projekt unmöglich gemacht.
Bäume, die Bauvorhaben verhindern, gibt es nicht nur im Tessin. Nach Meinung von Ueli Schnorf spielen beim Grand Hotel aber auch «tessinerische Eigenheiten» eine Rolle. Im Tessin bleibe man beim Klein-Klein, beim Gewohnten und Bekannten, statt sich zu öffnen: «Es mangelt stark an der Phantasie. Alles ist lokal. Man müsste sich aber an anderen grossen Touristenstandorten in der Welt orientieren, die Erfolg haben.»
Mangelnde Visionen
Der zunehmende Verfall des Grand Hotels Locarno hat also verschiedene Ursachen: Behäbigkeit und mangelnde Visionen gehören dazu. Alle beklagen den Zustand, tun aber wenig.
Am Filmfestival finden viele Besucher auch in diesem Jahr wieder keine Übernachtungsmöglichkeit: Alle Hotels sind voll, nur das eine steht leer. Traurig.