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«Die Lust am Abheben: Im Rausch der Lüfte»
Aus HörPunkt vom 05.04.2019. Bild: SRF / Simon Krebs
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Im Rausch der Lüfte «Wingsuit-Springen ist wie Yoga in der Luft»

Für den Kick schlüpfen Wingsuiter in eine Art Fledermaus-Anzug und stürzen sich aus dem Flugzeug oder Helikopter Tausende Meter in die Tiefe. Der passionierte Wingsuit-Springer Daniel Ossio beschreibt den Gegensatz zwischen absoluter Freiheit und Kontrolle.

Daniel Ossio

Daniel Ossio

Wingsuit-Springer

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Daniel Ossio (*1975) ist IT-Security Spezialist aus Zug. Seine Freizeit verbringt er als passionierter Wingsuiter meist in der Luft. Seit etwa 10 Jahren betreibt er den Fallschirm-Sport, hat mittlerweile über 1000 Sprünge hinter sich und bringt als Coach auch anderen das Wingsuit-Springen bei.

SRF: Seit etwa zehn Jahren betreiben Sie den Fallschirmsport und haben mittlerweile über 1000 Sprünge hinter sich. Worin liegt für Sie die Faszination dieses Sports?

Daniel Ossio: Fliegen ist etwas vom Schönsten, was es gibt. Ich geniesse die Freiheit in der Luft. Aber nur die kontrollierte, strukturierte Vorgehensweise beim Wingsuit-Springen ermöglicht mir diese Freiheit. Ich muss mich an gewisse Abläufe halten, die meine Sicherheit gewährleisten.

Ein Mann im Wingsuit-Anzug fliegt. Unter ihm sind Felder und Städte sichtbar.
Legende: Im Fledermaus-Anzug nach unten: Daniel Ossio. zvg

Sonst hängt das Leben am seidenen Faden?

Nein, ich glaube sogar, dass man sich da und dort relativ viele kleine Fehler erlauben darf, weil das System sehr tolerant ist. Sonst würden wahrscheinlich sehr viele Leute dabei sterben.

Video
Wingsuit-Piloten - vom Flughörnchen inspiriert
Aus Einstein vom 28.09.2017.
abspielen. Laufzeit 4 Minuten 37 Sekunden.

In den Medien hört man aber häufig von Wingsuit-Unfällen.

Dieser Sport wird häufig negativ dargestellt, da die Leute sensationsgeil sind. Und dann ist da immer die Assoziation mit dem Basejumping. Ich bin aber Wingsuit-Springer. Statistisch gesehen, ist das eine sehr sichere Sache.

Skydive Wingsuit vs. BASE Wingsuit

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Es wird einerseits unterschieden zwischen Skydive und BASE Jumping und andererseits zwischen dem normalen Ausüben der beiden Sportarten und dem Ausüben mit Wingsuit.

Es existiert also sowohl Skydive Wingsuit, wie auch BASE Wingsuit. Beide Sportarten verwenden ähnliche oder gleiche Wingsuits, aber komplett unterschiedliche Fallschirmsysteme.

Beim Skydive wird von beweglichen Ojekten gesprungen (z.B. Ballon, Helikopter, Flugzeug). Ein BASE Jump wird von fixen Objekten, (Building-Gebäude, Antenna-Antennen, Span-Brücken, Earth-Berge; daher BASE) durchgeführt.

Ein Skydive Wingsuit Flug gilt nicht als wesentlich gefährlicher als Skydiving ohne Wingsuit. In der Schweiz benötigt man nur für die Ausübung von Skydiving eine Lizenz.

Natürlich braucht man fürs Wingsuiten eine gute Ausbildung, aber das ist mit den meisten anderen Sportarten so. Nur dann kann man das Verletzungsrisiko minimieren.

Wie sehen die Risiken aus?

Es gibt zwei kritische Momente beim Wingsuiten: Beim Öffnen des Fallschirms kann sich dieser verdrehen. Im Notfall kann dann der Hauptschirm abgetrennt werden und man hat mit dem Notschirm einen zweiten Versuch. Und bei der Landung selbst kann man durchaus mal über einen Maulwurfshügel stolpern und sich den Fuss verknacksen. Aber dieses Risiko hat man beim Grümpelturnier auch.

Ist bei Ihnen auch schon mal etwas schiefgegangen?

Ich musste bisher einmal den Notschirm öffnen, wobei ich im Nachhinein betrachtet sagen muss, dass ich da wohl einen schwachen Moment hatte.

Wingsuiten kann man nicht in zwei bis drei Wochen lernen.

Wie geht Ihr Umfeld damit um, dass Sie Ihre Freizeit gerne in der Luft verbringen?

Da kommt meistens: «Ui, der Daniel, der Daredevil.» Ich merke schon, dass die Leute ein bisschen Angst haben. Aber ich denke, das kommt von der Assoziation mit dem Basejumping. Obwohl ich allen sage, dass ich das nicht mache.

Video
Base-Jumping von der Jungfrau
Aus SRF News vom 29.11.2017.
abspielen. Laufzeit 53 Sekunden.

Sie springen nicht nur selbst, Sie sind auch Coach und bringen anderen das Wingsuit-Springen bei. Worin liegt dabei die Herausforderung?

Mit anderen Leuten zu springen macht viel mehr Spass! Die meisten meistern ihren ersten Wingsuit-Sprung souverän, aber es kommt immer wieder vor, dass jemand nicht ganz sauber rausspringt. Und das muss man als Coach unter Kontrolle haben.

Dann ist das Wingsuit-Springen also gar nicht so eine Ego-Sportart, wie man annehmen könnte?

Nein, man muss viel Demut zeigen, muss am Anfang untendurch. Das ist ein langer Weg: Wingsuiten kann man nicht in zwei, drei Wochen lernen. Normalerweise braucht es Jahre, bis man auf einem gewissen Niveau ist.

Ein Mann hält sich an einem Flugzeug fest.
Legende: Kurz vor dem Fall in die Tiefe: Daniel Ossio bei einem gewöhnlichen Fallschirmsprung. zvg

Ist der Wingsuit-Sport darum so wenig verbreitet?

Die Tendenz ist steigend. Immer mehr Leute fangen damit an, denn das Material macht grosse Fortschritte, es ist jetzt viel einfacher zu fliegen als früher.

Auch immer mehr Frauen entdecken diese Sportart für sich. Denn Wingsuit-Springen ist nicht nur eine Kraftsache, es geht auch um Geschicklichkeit. Wingsuit-Springen ist wie Yoga in der Luft.

Das Gespräch führte Elisabeth Baureithel.

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