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Intersexuelle im Sport «Ich bin eine Frau und ich bin schnell»

Wie viel Mann darf in einer Frau stecken? Die Frage überfordert den Sport. Jetzt soll der Testosteronwert über die Kategorie Frau entscheiden. Caster Semenya wehrt sich dagegen.

Am Donnerstag, 30. August 2018 trifft sich die Weltelite der Leichtathletik in Zürich. Für Caster Semenya ist es womöglich eines der letzten grossen Meetings, an dem sie so laufen kann wie sie ist. Und das bedeutet: wahnsinnig schnell.

Seit Anfang 2016 hat die Südafrikanerin kein einziges Rennen über 800 Meter verloren. Die Konkurrenz ist chancenlos.

Fairere Wettkämpfe?

Die Dominanz Semenyas wird auch an ihrem Geschlecht festgemacht. Sie ist intersexuell. Und produziert von Natur aus deutlich mehr vom Männerhormon Testosteron als für Frauen üblich. Geht es nach dem Leichtathletik-Weltverband IAAF, könnte es mit der Dominanz aber bald vorbei sein.

Ab November gilt ein Testosterongrenzwert . Semenya muss dann ihren Testosteronwert drosseln. Andernfalls darf sie nur noch bei den Männern an den Start. Mit der neuen Regel sollen wieder faire Wettkämpfe in der Frauenkategorie möglich sein.

«diskriminierend und auch willkürlich»

Die Konkurrenz begrüsst das. «Falls man weiterhin eine Frauenkategorie führen möchte, muss auch klar definiert sein, wer bei den Frauen starten darf», sagt etwa Selina Büchel, derzeit beste 800-Meter-Läuferin der Schweiz und Hallen-Europameisterin von 2015.

Caster Semenya hat dagegen beim Sportgerichtshof CAS Klage gegen die neue Regel eingereicht. Bei Genderforschern und Menschenrechtsorganisation erntet sie Zustimmung. «Ich finde die neue Regel diskriminierend und auch willkürlich», so Marianne Meier vom Interdisziplinären Zentrum für Geschlechterforschung an der Uni Bern.

Testosterongrenzwert soll Chancengleichheit wahren

Wann ist eine Frau eine Frau? Wie viel Mann darf in einer Athletin stecken? Die Fragen überfordern den Sport. Die Männer- und die Frauen-Kategorien wurden einst eingeführt, um Chancengleichheit zu gewähren.

Doch was macht man mit Sportlerinnen, die sich biologisch nicht eindeutig einem Geschlecht zuordnen lassen, die sich aber als Frau erleben? Laut IAAF soll dann der Testosteronwert über die Kategorie Frau entscheiden.

Entzündet hat sich der Entscheid am Fall Caster Semenya. Bei der WM in Berlin vor neun Jahren betrat sie zum ersten Mal eine grosse Bühne. Und lief allen davon.

Ihr Äusseres warf Fragen auf. Der IAAF ordnete einen Geschlechtstest an. Die genauen Resultate wurden nie publik. Nach einem vorübergehenden Startverbot durfte Semenya aber wieder bei den Frauen antreten.

2011 erliess der IAAF jedoch fast die gleiche Regel wie jetzt: Hyperandrogene Frauen dürfen nur laufen, wenn sie ihren Testosteronwert drosseln. Die Folge: Semenya war hauptsächlich Mitläuferin, sie gewann kaum mehr.

Vorteil nicht klar belegt

2015 wendete sich das Blatt. Die hyperandrogene Sprinterin Dutee Chand klagte beim Sportgerichtshof CAS gegen die Testosteron-Regel. Der CAS gab Chand Recht. Die Regel wurde ausgesetzt. Begründung: Dass hyperandrogene Frauen einen Wettbewerbsvorteil haben, sei nicht klar belegt. Kurz darauf beginnt die Siegesserie von Caster Semenya.

Inzwischen wurde aber im «British Journal of Sports Medicine» eine vom IAAF finanzierte Studie publiziert, die die geforderten Belege liefern soll. Demnach haben hyperandrogene Frauen in einzelnen Disziplinen einen Leistungsvorteil.

«Ich will nur so laufen, wie ich geboren wurde»

Kurz darauf hat der Verband sein neues Reglement und mit ihm ein Testosteron-Grenzwert für intersexuelle Athletinnen vorgelegt. Der Grenzwert gilt ausschliesslich für die Laufdisziplinen zwischen 400 und 1500 Meter.

Studie wie Reglement überzeugen die Kritiker aber nicht. Gender-Forscherin Marianne Meier: «Vieles ist für mich nicht schlüssig.»

Caster Semenya hatte lange geschwiegen. Als sie jedoch beim Sportgerichtshof Klage gegen die IAAF-Regel einreichte, wurde sie mit folgenden Worten zitiert: «Ich will nur so laufen, wie ich geboren wurde. Ich bin Mokgadi Caster Semenya. Ich bin eine Frau und ich bin schnell.»

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