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Gesellschaft & Religion Kamelmilch – das weisse Gold aus der Wüste

Dubai ist für den Burj Khalifa bekannt, den höchsten Wolkenkratzer der Welt, oder die künstlich angelegte Insel «The Palm». Das Emirat ist eine Glitzerwelt des Luxus, reich geworden durch Erdöl. Seit Neuestem fliesst hier «weisses Gold».

Umm Nahad, eine halbe Autostunde von Dubai entfernt: Hier wird kein Erdöl oder Erdgas gefördert, sondern Kamelmilch. Mitten in der Wüste befindet sich die riesige Farm von «Emirates Industry for Camel Milk & Products». Die hier produzierte Milch wird unter anderem für Schokoladenherstellung verwendet.

Wer in den Produktionsbereich will, muss erst einmal Schutzkleidung anlegen. Das verlangen die Hygienebestimmungen. Wie Kühe haben Kamelstuten vier Zitzen, die in der Leistengegend sitzen. Melkstand und Melkmaschinen sind an die kleineren, flacheren Kameleuter angepasst. Zweimal am Tag werden die etwa 4200 Kamele gemolken.

Kamele stehen in einer Reihe, angeschlossen an Melkmaschinen.
Legende: Kamelmilch gilt als äusserst nahrhaft. Seit 2013 darf sie auch nach Europa exportiert werden. Michael Marek

Wertvolle Kamelmilch

Kamelstuten sind feinfühlig – und eigensinnig. Sobald ihnen eine Kleinigkeit nicht passt, geben sie keine Milch mehr. Sie lassen sich nur melken, wenn das Kalb zuvor gesäugt wurde, und während des Melkprozesses muss das Jungtier in der Nähe seiner Mutter sein. Maximal sieben Liter erhält man pro Tier und Tag. Im Vergleich zu unseren mitteleuropäischen Kühen, die täglich zwischen 25 und 40 Liter geben, ist das wenig. Auch das macht die Kamelmilch wertvoll.

Derzeit liegt die Produktion der Kamelfarm bei 6000 Liter Milch pro Tag. Zwei Drittel davon gehen in den Frischmilchverkauf, aus dem Rest wird vor allem Milchpulver hergestellt.

Besser als Kuhmilch?

Kamelmilch hat einen vollen Geschmack mit einem leicht salzigen Abgang. Wissenschaftler haben herausgefunden, dass sie leichter verdaulich sein soll als Kuhmilch und besonders geeignet für Allergiker.

Darüber hinaus hat sie 50 Prozent weniger Fett als Kuhmilch, drei bis fünf Mal mehr Vitamin C, wesentlich mehr Vitamin B, mehr Calcium und andere Mineralien. Es existieren Studien, die festgestellt haben, dass bei Diabetes II Kamelmilch helfen könne, den Blutzuckerspiegel zu regulieren und den Cholesterinspiegel niedrig zu halten. Sogar bei Krankheiten wie Morbus Crohn könne Kamelmilch helfen.

Klinische Studien fehlen

Ausserdem fehlen der Kamelmilch die Eiweisse Beta-Laktoglubolin und Beta-Kasein, die eine Milcheiweissallergie auslösen können. Auch für Menschen mit einer Laktoseintoleranz soll sie besser verdaulich sein – versichert das Unternehmen. Auf der sicheren Seite sind Milchallergiker aber nicht. Auch Kamelmilch enthält Allergene, die Reaktionen auslösen können.

Zudem mahnen Kritiker: Die positiven Resultate der Kamelmilchforscher seien mit Skepsis zu betrachten, weil umfassende klinische Studien zur Wirkung von Kamelmilch fehlten. Gesichert ist hingegen, dass die Kamele hier auf der Farm keine Hormone und keine Antibiotika gespritzt bekommen.

Ein goldenes Schokoladenkamel.
Legende: Erinnert an einen gewissen Goldhasen aus der Schweiz: das Schoggikamel aus Dubai. Michael Marek

Pralinen aus Kamelmilch

Seit 2013 dürfen Kamelmilchprodukte der Marke «Camelicious» nach Europa exportiert werden. Bis dahin liessen die strengen Seuchenschutzbestimmungen der EU die Einführung von Kamelmilchprodukten nicht zu. Jetzt sollen die Europäer von den positiven Eigenschaften der Kamelmilch profitieren – zum Beispiel als Süssigkeit.

Seit 2008 wird die weltweit erste Schokolade auf Basis von Kamelmilch hergestellt: etwa 100 Tonnen jährlich. Die Schokolade ist alles andere als «Made in Dubai». Sie wird in Österreich produziert. Dort ist das Know-how vorhanden, um das Kamelmilchpulver mit Kakao von der Elfenbeinküste und Vanille aus Madagaskar in süsses Naschwerk zu verwandeln.

Schliesslich wird die fertige Schokoladenmasse zurück nach Dubai verschifft und dort zu Pralinen oder Schokoladentafeln weiterverarbeitet. Diese Exklusivität hat ihren Preis. Eine 70-Gramm Tafel kostet etwa acht Franken.

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