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Wenn das Museum in die Schule kommt
Aus Kultur-Aktualität vom 03.01.2019.
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Keine Lust auf Kunst Florenz hängt Schülern Gemälde vor die Nase

Junge Italiener gehen kaum noch in Museen. Von Kunst-Notstand ist unter Experten die Rede. Dieser Trend soll jetzt umgekehrt werden.

Italien, das Land der Kulturgüter. Der UNESCO zufolge befinden sich zwischen Mailand und Palermo 65 Prozent aller Weltkulturgüter. Nirgendwo sonst existiert eine so hohe Konzentration an Kunstgütern aller Art. Doch Italiens Regierungen fördern das Interesse ihrer junger Bürger an diesen Kulturschätzen nicht.

Kunstunterricht? Überflüssig!

Giulio Tremonti, einst Wirtschaftsminister einer der Regierungen von Silvio Berlusconi, erklärte, dass man von Kunst und Kultur nicht leben könne. Deshalb strich er Finanzhilfen für die Unterrichtsfächer Kunst und Kunstgeschichte.

Auch sozialdemokratische Regierungen sahen keinen Anlass, diese beiden Unterrichtsfächer zu fördern. Im Gegenteil. In vielen Regionen existieren sie gar nicht mehr.

Wachsendes Desinteresse

Umfragen ergaben, dass junge Italiener zwischen 14 und 25 Jahren seit zehn Jahren immer seltener Museen und Kunstausstellungen aufsuchen. Das Interesse an Kunst, so die Fachzeitschrift «Giornale dell’Arte», ist zu einem «Thema für die älteren Generationen geworden, wie ja auch das Interesse an klassischer Musik».

Die Schuld an dieser Entwicklung geben Experten kurzsichtigen Kulturpolitikern sämtlicher vergangener Regierungen, die einfach nicht erkennen wollen, dass das Interesse für Kunst und Kultur gerade in Italien enorm wichtig sein kann.

Das Beispiel Florenz

Der Florentiner Museumsdirektor Sergio Risaliti hat deshalb ein Projekt entwickelt, dass ausgewählte Gemälde in Schulklassen bringt. Schüler werden so in vielen Fällen zum ersten Mal überhaupt direkt mit Kunst konfrontiert.

Nahaufnahme eines Mannes vor einem Kunstwerk.
Legende: Direktor des Museo Novecento di Firenze: Sergio Risaliti. Sergio Risaliti

Das Projekt ist erfolgreich: Ohne von ihren Lehrern gedrängt zu werden, kommen die jungen Leute von sich aus auf die Idee, ein Museum zu besuchen oder eine Ausstellung. Ab Februar wird das Projekt auf ganz Florenz ausgeweitet. Auch Schulen in anderen italienischen Städten zeigen bereits Interesse.

Kunst und Kultur als Wirtschaftsfaktor

Risaliti ist davon überzeugt, dass sich mehr staatliche Investitionen in den Kunst- und Kunstgeschichtsunterricht auszahlen könnten. Denn die Schüler würden begreifen, dass Italiens Kunstschätze und ihr Erhalt ein lukrativer Wirtschaftsfaktor sein können, in dem neue Arbeitsplätze entstehen könnten. Viele Experten sprechen deshalb auch von «Italiens Erdöl».

Kunst ist Italiens Erdöl

Mehr Interesse an Italiens Kunstgütern, so Risaliti, könne dazu führen, dass die Politiker mehr in diesen Sektor investieren, dass neue Arbeitsplätze in diesem Bereich geschaffen werden, dass mehr Schulabgänger wieder verstärkt Kunstgeschichte studieren, dass staatliche Institutionen zum Erhalt von Kulturgütern endlich wieder mehr öffentliche Gelder erhalten.

Nur ein Traum?

Italiener, die wie der Projektmacher in Florenz denken, befürchten aber, dass die amtierende Regierung in Sachen Förderung des Kunstunterrichts an Schulen auf beiden Ohren taub bleiben könnte. Tatsache ist: Das neue Haushaltsgesetz 2019 hat die Finanzmittel für die Schulen erheblich gekürzt.

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