Mit 17 verliess sie die Schweiz für immer – weil sie sich weigerte, das zu leben, was Land und Zeitgeist der 1960er-Jahre von ihr erwarteten: Ehemann, Haus, Kind. Später heiratete die exzentrische Fashion-und Partyikone Susanne Bartsch dann doch – auf dem Laufsteg. Und zurückgekehrt ist sie auch: mit einer aktuellen Soloshow im Museum für Gestaltung Zürich. Im Interview spürt die Partykönigin ihrer Liebe für das Wilde und Kreative nach.
SRF: Susanne Bartsch, wir reden Englisch…?
Susanne Bartsch: Schweizerdeutsch zu sprechen fällt mir schwer. Es ist eine Qual – ich finde die Wörter nicht mehr. Ich war sehr jung, als ich die Schweiz verliess. In London habe ich schnell Englisch gelernt – auf der Strasse, von den Menschen. Seither spreche, denke und träume ich Englisch. Es ist meine Sprache geworden.
Als Teenager im Flugzeug von Basel nach London – hätten Sie gedacht, dass sie nie wieder zurückkehren?
Ja. Ich wusste es irgendwie. Ich erinnere mich ganz genau, an mein Gefühl: Meine Zukunft beginnt jetzt. Ich war so aufgeregt, neugierig und abenteuerlustig. Englisch zu lernen war nur der Vorwand.
Schon als Kind war ich sehr eigensinnig, was meinen Kleiderstil betraf.
Ich wollte einfach raus aus dieser engen Schweiz. Ich wollte mehr vom Leben, als das, was mir hier blühte: Ehefrau und Mutter zu werden. Und schon als Kind war ich sehr eigensinnig, was meinen Kleiderstil betraf. Ich habe meine Mutter mit den Ideen, wie ich mich anziehen wollte, zum Wahnsinn getrieben.
London galt in den 1970er-Jahren als kreativer Hotspot für Musik und Mode ...
Es war eine regelrechte Explosion an Kreativität. Ich war jeden Abend unterwegs, in den angesagtesten Clubs. Ich stylte mich und tobte mich aus – ich war frei und konnte alles ausprobieren. Und ich habe dort, wie immer in meinem Leben, zur richtigen Zeit, die richtigen Menschen getroffen.
... etwa den Mann, für den sie später auch London für immer verliessen.
Das war eine Romanze mit einem New Yorker Künstler, der im legendären Chelsea Hotel lebte. Am Valentinstag 1981 besuchte ich ihn und kehrte nie wieder zurück. Die Affäre endete, aber New York ist geblieben. Diese Stadt hat mich zu dem gemacht, was ich heute bin.
Hier haben Sie viele Jahre später dann doch getan, wovor sie geflüchtet sind.
Einen Mann geehelicht, genau. Meine Liebesgeschichten waren immer innig und romantisch. Aber als ich David Barton traf, in einem Club – seinem Fitness-Club (sie lacht), hatte ich das Gefühl einen Seelenverwandten getroffen zu haben.
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Bild 1 von 8. Die Hochzeit auf dem Laufsteg: Susanne Bartsch und David Barton in Looks von Thierry Mugler. (1985). Bildquelle: Patrick McMullan.
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Bild 2 von 8. Das Paar im Jahr 1994: «David wollte, dass wir das Baby kriegen. Es war das Beste, was ich je getan habe.». Bildquelle: BILL CUNNINGHAM IMAGE.
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Bild 3 von 8. Auf Du und Du mit den Stars: Susanne Bartsch hat Spass mit Jack Nicholson. Bildquelle: Susanne Bartsch.
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Bild 4 von 8. Auch mit Jimmy Page von Led Zeppelin befreundete sie sich – im London der 1970er Jahre. Bildquelle: Susanne Bartsch.
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Bild 5 von 8. In ihrer Kindheit in der Schweiz ging es beschaulich zu: Susanne Bartsch mit ihrer Mutter und ihren Geschwistern. Bildquelle: Susanne Bartsch.
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Bild 6 von 8. Transformation: Die Schweizer Teenagerin katapultiert es in den 1970ern ... Bildquelle: Susanne Bartsch.
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Bild 7 von 8. ... direkt in die Londoner Fashionszene. Bildquelle: Susanne Bartsch.
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Bild 8 von 8. Über die Jahrtzehnte bleibt Susanne Bartsch stilprägend: 2024 trägt sie einen Look von Mathu & Zaldy aus den frühen 1990er-Jahren. Bildquelle: Steven Menendez.
Er führte das angesagteste Studio New Yorks. Er bot an, mich zu trainieren und wir verliebten uns auf der Stelle.
Eine interessante Mischung – der Fitnesstrainer und die Partykönigin.
Das war es. Ich habe nachts mit meinen Events die Szene aufgemischt, er tagsüber im Studio. Und wir teilten beide die Liebe für wilde und kreative Menschen, die ausserhalb der gesellschaftlichen Normen lebten.
Eine Familie zu gründen und meinen Sohn zu bekommen das Beste, was mir je passiert ist.
Ihre Hochzeit auf dem Laufsteg – mit Drag-Ikone RuPaul und Designer Thierry Mugler als Trauzeugen – das sagt alles.
Das war zum Schluss einer meiner Fashionshows, als Überraschungsauftritt. Das Publikum tobte. Ich habe nie danach gestrebt, Ehefrau oder Mutter zu werden. Doch rückblickend war eine Familie zu gründen und meinen Sohn zu bekommen das Beste, was mir je passiert ist.
Das Gespräch führte Sibilla Semadeni.