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Körpersprache der Mächtigen «Handrücken nach vorn signalisiert Kraft»

Wer eine Wahl gewinnt, der hat nicht unbedingt das bessere politische Programm. Politikerinnen und Politiker überzeugen vor allem durch Körpersprache.

«Körpersprache ist die älteste Form der Kommunikation», sagt Stefan Verra. Wenn wir glauben, wir würden Worten und Argumenten Gehör schenken, reagieren wir immer auch auf die körperlichen Signale des anderen.

Kleine Gesten, grosse Wirkung

Stefan Verra hat bereits mehrere populäre Bücher zum Thema Körpersprache geschrieben. Jetzt hat er die Körpersignale von Politikerinnen und Politikern unter die Lupe genommen.

Audio
Körpersprache der Mächtigen
aus Kultur kompakt vom 01.05.2019. Bild: Keystone
abspielen. Laufzeit 3 Minuten 41 Sekunden.

Zehntausende von Videos und Fotos habe er dafür angeschaut, sagt Verra. Oft sei er auch live dabei. «Obwohl das gar nicht immer so gut ist. Da muss man schon in der ersten Reihe sitzen», sagt Verra.

Denn: Er schaut sehr genau hin. Er erwähnt in seinem Buch sogar kleine Gesten, die viele Menschen vielleicht gar nicht bemerken – zum Beispiel dass Emmanuel Macron beim Gehen die Hände baumeln lässt und dabei die Handrücken nach vorne gedreht hält.

Zwei Männer laufen nebeneinander her.
Legende: Locker, aber stark: Der ukrainische Präsident Petro Poroshenko (links) neben Emmanuel Macron. Keystone/Michel Euler

«Handrücken nach vorne bedeutet viel mehr Kraft», sagt Verra. Denn, wer so geht, hat normalerweise stark trainierte Brust- und Rückenmuskeln. «Es ist ein Signal, das ein starkes Gefühl von Sicherheit auslösen kann», sagt Verra, «oder Antipathie».

Prominente Beispiele

Stefan Verra erläutert seine Körpersprachkunde anhand bekannter Beispiele aus der internationalen Politik: Donald Trump, Angela Merkel, Emmanuel Macron.

Buchhinweis

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Stefan Verra: «Leithammel sind auch nur Menschen - Die Körpersprache der Mächtigen», 2019, Ariston Verlag.

«Mir war wichtig, dass die Leserin, der Leser alles, was ich schreibe direkt danach im Internet, im Fernsehen, in der Zeitung verifizieren kann. Das heisst, alle Politikerinnen und Politiker, die ich beschreibe, sollten bei Erscheinen des Buches noch an der Macht sein.»

Wichtig war ihm auch, Politikerinnen dabei zu haben. «Das war die grösste Herausforderung, weil es weltweit nicht so viele Frauen gibt, die an der Macht sind und wirklich eine entscheidende Rolle spielen.»

Zwei Hände formen eine Raute.
Legende: Signalisiert Selbstbewusstsein und Ruhe: die «Merkel-Raute». Keystone/DPA

«Merkel-Raute»

Zu den wenigen Politikerinnen, die er in seinem Buch analysiert, gehört die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel. Stefan Verra attestiert ihr eine grosse körpersprachliche Entwicklung – von «Kohls Mädchen», das mit hängen Armen, hängenden Schultern und hängenden Ponyfransen einen eher schlappen Eindruck gemacht habe.

Hin zur Bundeskanzlerin, die dank «Merkel-Raute» auf Bauchhöhe und mehr Schwung in der Frisur deutlich dynamischer und optimistischer wirke.

Ist Körpersprache lernbar?

Können Politiker ihre Wählerinnen also durch antrainierte Signale manipulieren? So einfach sei das nicht, sagt Verra. Er beobachte Politiker und Politikerinnen über lange Zeit, nicht erst, wenn sie an der Macht seien. «Die Körpersprache ist bei den meisten gleich. Ob sie an der Macht sind oder nicht.»

Weniger Bewegungen

Doch einen Punkt gebe es, sagt Verra: «Die meisten machen einen Fehler. Sie reduzieren die Vielfalt ihrer Bewegungen, weil sie Angst haben, sonst nicht ernst genommen zu werden oder weil sie Angst haben, irgend jemanden zu vergrämen.» Es gebe nur eine grosse Ausnahme: Donald Trump. «Der pfeift auf alles, was man ihm sagt.»

Zwei Männer geben sich die Hand.
Legende: Trump gibt nicht einfach die Hand: Er lässt sein Gegenüber nicht mehr los. Keystone/AP

Donald Trump könnte sich nicht ändern, selbst wenn er es wollte, behauptet Stefan Verra. Obwohl die US-Medien ihn immer wieder durch den Kakao ziehen würden, weil er einem anderen Staatschef allzu übergriffig die Hände geschüttelt habe. «Seine Selbstwahrnehmung ist zu gering», so Verra.

Mit seinem Buch möchte Stefan Verra die Wahrnehmung der Leserinnen und Leser schärfen: Wenn es um Politik geht, nicht nur genau hinzuhören, sondern auch mal kritisch hinzuschauen.

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