Als Anne Hathaway kürzlich bei der Berlinale in Schwarz auftrat, war das Erstaunen gross. Statt zum «Kleinen Schwarzen» hatte sie nämlich zum Kapuzenpulli gegriffen. Ein Aufreger, denn schliesslich sieht man das wohl gemütlichste aller Kleidungsstücke selten auf dem roten Teppich.
Hathaway im Hoodie – das ist zugleich ein Ritterschlag. Die «Vogue» befand, die Schauspielerin habe damit einen « erfrischenden Abendgarderobe-Trend » begründet. Aber woher kommt der Kapuzenpulli eigentlich?
Wer war der Vorläufer des Hoodies? Historisch geht der Kapuzenpulli von heute auf die langen Kapuzen von Mönchskutten zurück. Im franziskanischen Bettelorden der Kapuziner (Ital. Cappuccio für «Kapuze») schwingt der spätere Hoodie bereits im Namen mit. Historisch verbürgt sind auch die Kettenhauben, die Ritter zum Schutz trugen.
Wie wurde der Hoodie zum Must-have? In den 1930ern machte der US-Sportartikelhersteller «Champion» den Kapuzenpulli aus Baumwolle populär. Der Hoodie schützte Sportler genauso vor dem Auskühlen wie Lagerarbeiter. Ein ehrliches Textil für ehrliche Arbeit.
Ab den 1970ern wurde der Hoodie von der aufkommenden Hiphop-Kultur popkulturell vereinnahmt. Tupac, 50 Cent oder Rihanna: Alle tragen Hoodies. Kanye West brachte 2022 gar eine eigene Kollektion heraus, den «Perfect Hoodie». Der schützte ihn jedoch nicht vor seinen antisemitischen Ausfällen.
Sind Kapuzenpullover bürotauglich? War der Anzug bis in die 2000er Distinktionsmerkmal von Managern, hielt mit Mark Zuckerberg der Kapuzenpulli Einzug in die Chefetagen. Der Meta-Chef machte den Pullover zu seinem Markenzeichen – und zum Symbol der New Economy. Der Hoodie symbolisierte gelebte Lockerheit, flache Strukturen und den Spirit des Silicon Valley.
Dürfen Politiker Hoodie tragen? Mit dem Überfall auf sein Land streifte Wolodimir Selenski den Nadelstreifen ab und griff zum Hoodie. Der ukrainische Präsident trägt das Stück als Arbeitskleidung.
Dass das nebenbei ein Bild vom Pragmatiker vermittelt, dürfte dem PR-Profi bewusst und recht sein. Sein Motto: Wer im Krieg ist, hat keine Zeit, sich die Krawatte zu binden.
Sind Hoodies politisch? Dass die Pullis politisch aufgeladen sind, zeigt der Fall der Traditionsfirma «Lonsdale». Diese litt bis in die 2000er unter ihrem Image, weil sie in rechtsextremen Kreisen eine Kultmarke geworden war. Neonazis trugen die Kapuzenpullis der Marke so, dass man nur die Buchstaben «NSDA» sehen konnte.
Auf der anderen Seite der politischen Skala ist der Hoodie jedoch auch Kennzeichen des schwarzen Blocks. Bilder der Ausschreitungen zum G20-Gipfel in Hamburg 2017 zeigten vornehmlich vermummte Randalierer in schwarzen Kapuzenpullis.
Sind Hoodies eher modisch oder peinlich? Dass das Kleidungsstück uncool und alles andere als unschuldig sei, behauptete «Der Spiegel» letztes Jahr: So locker wie er sitze, offenbare er nämlich genau eins: dass seine Träger alles seien, nur eben nicht locker.
Der Pulli sei Inbegriff der Boomer, jener Generation, die selbstvergessen ihren unzeitgemässen Lebenswandel auf Kosten der Jüngeren zelebriere – in einer zur Schau getragenen, aber gekauften Coolness.
Dass dem wirklich so ist, darf nicht erst seit Anna Hathaways kühnem Gegenentwurf zum Kleinen Schwarzen angezweifelt werden. Abzuwarten bleibt allerdings, ob der Hoodie ein Kleidungsstück für alle bleibt oder zum «Haute Hoodie» avanciert.