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Kriegsfotos aus der Ukraine Kriegsfotograf: «Der Skandal ist, was diese Bilder zeigen»

Die brutalen Bilder aus dem Ukraine-Krieg sind derzeit in allen Medien. Viele zeigen tote Zivilisten, zum Teil sieht man auch die Gesichter der Toten. Da stellt sich die Frage: Soll man solche Fotos zeigen, oder sind sie nur voyeuristisch? Für den deutschen Kriegsfotografen Daniel Etter ist der Fall klar.

Daniel Etter

Kriegsfotograf

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Daniel Etter ist ein deutscher Kriegsfotograf und Autor. 2016 erhielt er zusammen mit anderen Fotografen den Pulitzer-Preis für aktuelle Fotoberichterstattung.

SRF: Viele Aufnahmen, die uns aus der Ukraine erreichen, sind fürchterlich, zuletzt etwa die Aufnahmen der Toten von Butscha. Sollen diese Bilder überhaupt gezeigt werden?

Daniel Etter: Es braucht sie, weil sie klarmachen, was in der Ukraine passiert. Solche Fotos sind sehr emotional, sie wirken sofort. Darin liegt ihre Kraft. Sie schaffen eine Verbindung zum Ort des Geschehens, den Texte nicht erzeugen können. Deshalb bin ich der Meinung, dass sie gezeigt werden sollen.

Blick in ein Massengrab, mehrere Leichen befinden sich in schwarzen Plastiksäcken
Legende: Entsetzliche Bilder: Nach der Rückeroberung Butschas durch die ukrainische Armee wurden zahlreiche tote Zivilisten in Massengräbern gefunden. Keystone / EPA / Oleg Petrasyuk

Bei mir lösen Kriegsbilder einen zwiespältigen Effekt aus. Ich bin entsetzt, aber ein Stück weit auch fasziniert. Wie gehe ich mit diesen Impulsen um?

Natürlich übt Gewalt eine gewisse Faszination aus. Aber die meisten Menschen sind vernünftig genug, um solche Fotos einordnen zu können. Diese Bilder zeigen vor allem eins: Was in Butscha passiert ist, ist ein Massaker, auf das wir reagieren müssen. Dafür sind die Fotos der Beweis.

Diese Ereignisse lassen sich nicht mehr ausradieren.

Die Aufnahmen beweisen aber auch, dass unabhängige Journalisten vor Ort sind, um die Geschehnisse zu dokumentieren und Desinformation entgegenzutreten. Das alles ist wirklich passiert. Diese Ereignisse lassen sich nicht mehr ausradieren.

Sie waren als Kriegsfotograf unter anderem in Syrien und in Afghanistan und haben viel Gewalt gesehen. Immer wieder hört man den Vorwurf, solche Bilder wirkten mit der Zeit abstumpfend. Wie erleben Sie das?

Keine Bilder zu zeigen, weil die Leute abstumpfen könnten, sollte nie ein Argument sein. Wenn solche fürchterlichen Sachen passieren, sollte man auch darüber berichten. Natürlich sollte man die Aufnahmen gleichzeitig einordnen und Hintergrundinformationen dazu liefern.

Klar ist aber auch, dass sich die Welt weiterdreht – auch die der Nachrichten. Die Leute können und möchten sich irgendwann nicht mehr mit dem Krieg beschäftigen, sondern wenden sich anderen Themen zu.

Die Menschen vor Ort möchten, dass die Welt von diesen Ereignissen erfährt.

Jedes Fotos eines Getöteten zeigt einen Menschen mit einer Geschichte. Teils sind sogar Gesichter zu sehen. Wo bleibt da die Würde der Opfer?

Die meisten Menschen, die ihre Familienangehörigen verloren haben, wollen, dass diese Bilder gezeigt werden. Sie möchten, dass die Geschichte der Verstorbenen erzählt wird. Nicht die Bilder sind das Entwürdigende. Der Skandal ist, was sie zeigen. Das, was passiert ist. Das Bild macht es nicht schlimmer – es macht es deutlich.

Die Menschen vor Ort möchten, dass die Welt von diesen Ereignissen erfährt. Deshalb halte ich es im Moment für richtig, solche Bilder zu veröffentlichen.

Das Gespräch führte Susanne Schmugge.

Wie prüft SRF die Quellen in der Kriegsberichterstattung?

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Die Informationen zum Ukraine-Krieg sind zahlreich und zum Teil widersprüchlich. Die verlässlichsten Quellen sind eigene Journalistinnen und Reporter anderer Medien vor Ort, denen man vertrauen kann. Weitere wichtige Quellen sind Augenzeugen – also Menschen vor Ort, die Eindrücke vermitteln können.

Besonders zu hinterfragen sind Informationen von Kriegsparteien. Denn alle Kriegsparteien machen Propaganda – in diesem Angriffskrieg vor allem die russischen, offiziellen Quellen. Die Aussagen der Kriegsparteien ordnen wir entsprechend ein. Grundsätzlich gilt bei SRF: Je schwieriger und unzuverlässiger die Quellenlage, desto wichtiger ist Transparenz. Umstrittene Fakten und Informationen, die nicht unabhängig überprüfbar sind, werden als solche kenntlich gemacht.

Radio SRF 2 Kultur, Kultur-Aktualität, 05.04.2022, 07:52 Uhr ; 

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